Ameisen sind faul?

Gerade lese ich einen interessanten Artikel aus der Süddeutschen Zeitung (Ein Hoch auf das Netz 🙂
Am 11.Oktober wird über ein Forschungsergebnis berichtet das die Forscher wirklich überraschte. Sie untersuchten die vermeintlich so fleißigen Ameisen und stellten dabei fest das wir Menschen und die Ameisen uns doch recht ähnlich sind.
Auch ich dachte bisher immer das ein Ameisenstaat wie ein „Superorganismus“ funktioniert. Maximale Effizienz und Fleißigkeit aller Mitglieder.
Und jetzt das. Die Entomologen Daniel Charbonneau und Anna Dornhaus von der University of Arizona, in Tucson, zerstören meinen bisherige Überzeugung im Fachblatt Behavioural Ecology and Sociobiology aus dem die Süddeutsche jetzt berichtete. Sie haben die Tiere markiert und so beobachtet.
Ein Großteil der Ameisen sind einfach faul. Während nur 2,6 % (!!!) der Tiere ununterbrochen schuften lassen es immerhin 25% extrem ruhig angehen. Sie arbeiten offenbar fast gar nicht an all den Dingen die so in einem Ameisenbau zu tun ist. Und fast 75% der Ameisen war in mehr als der Hälfte der Zeit mit „Nichtstun“ beschäftigt.
Jetzt erinnere ich mich an entsprechende Untersuchungen in unseren Betrieben ….
Es scheint also bei den Ameisen doch so zuzugehen wie bei uns. Ein paar arbeiten extrem hart und schleppen die meisten andere mit.
Jetzt fragen sich die Forscher, was es damit auf sich hat.
Theorien werden aufgestellt das die Faulenzer als Reserve oder als Nahrungsquelle in schlechten Zeiten dienen. Sind sie zu jung, zu alt, haben Gebrechen, sind schon in Rente? Forscher machen sich Gedanken darüber ob faule Insekten quasi auf Faulsein spezialisiert seien? Auch hier fallen mir Analogien zu unserer menschlichen Gesellschaft auf.
Ich glaube, dass die Lösung viel einfacher sein könnte.
In den Ameisenstaaten dürfte es ebenfalls eine Entwicklung geben das sich eine zunehmende Vielzahl von Insekten mit Planung, Koordination, Kommunikation mit Projektplänen, Kontrollen und mit vielen mehr oder weniger sinnvollen Meetings beschäftigen. Sie sind so mit sich selber und ihrer eigenen Organisation ausgelastet, dass sie keine Zeit für die solidarische Arbeit mit anderen haben.

Das ist aber natürlich nur eine Vermutung, vielleicht sollten die Forscher aber einfach mal in diese Richtung untersuchen.

Ameisen sind faul?

Widersprüchlichkeiten

Wir erleben jeden Tag eine enorme Vielfältigkeit, Komplexität und Abwechslung, in einer rasenden Welt,  dabei denken und handeln wir aber simpel, einfach und begrenzt. Wir akzeptieren Tabubrüche um uns herum, aber unsere Toleranz ist dennoch oft reduziert.

Unser Konsum ist groß, wir freuen uns aber immer weniger über das, was wir kaufen können.

Unsere Häuser sind groß und komfortabel, unsere Familien und Freundeskreise werden immer kleiner.
Wir verfügen über unglaublich viel Zeit und Möglichkeiten für Freizeit, aber immer weniger Zeit und Muße. Wir besitzen eine exzellente Ausbildung, werden aber irgendwie immer eingeschränkter. Wir haben heute so viele Spezialisten für alle erdenklichen Probleme aber mit jedem dieser Fachleute bekommen wir auch mehr vermeintliche Probleme.
Wir wissen so viel über Gesundheit, verfügen über unglaublich viele Medikamente aber immer weniger an gesundheitlicher Zufriedenheit. Wir glauben an Pillen, die alles können –  Sie sollen Gefühle erzeugen, wo keine sind, sie beruhigen uns, sie ändern uns?

Wir haben heute ein so großes Einkommen und gleichzeitig so viele zerstörte Lebensgemeinschaften, so viele Scheidungen. Wir leben in wunderschönen Häusern und gleichzeitig haben viele Kinder doch ein zerstörtes Zuhause.
Wir reisen so oft und so schnell, sehen so viel und erfassen so vieles nur noch oberflächlich. Vieles reparieren oder säubern wir gar nicht mehr.
Viel zu viel ist zum Einmalgebrauch, zum Wegwerfen.
Zahnbürsten, Kleider, Windeln und auch manchmal die Moral?
Wir bewundern lange Beziehungen und moralisches Leben, lesen Bücher und Lebensratgeber darüber und finden doch Anforderungen, Regeln und Beschränkungen lästig.
Unser Verhalten ist oft extrem. Wir essen zu viel oder wir essen zu wenig. Wir misstrauen unserem Essen oder essen fast alles. Wir rauchen immer noch, wir trinken zu viel, wir erholen uns zu wenig, wir sind gierig oder viel zu neidisch, wir verschulden uns oder starren auf jeden Aktienkurs. Wir konsumieren viel Comedy unser Spaß bleibt aber auf der Strecke, die Fröhlichkeit und das ursprüngliche Lachen. Wir optimieren unsere Kalender um mehr Zeit zur Erholung zu haben doch unser Schlaf und unsere Erholung sind flüchtig und kurz. Wir lachen zu wenig herzlich, leben zu schnell, ärgern uns über so viel, sind erschöpft aber auch unruhig.
Wir lesen zu wenig, sind zu viel im Internet und im Fernsehen glauben viel, aber unser Glaube vegetiert dahin.

Wie wir unser Leben finanzieren, wie wir unsere Einnahmen optimieren, das wissen wir aber wir wissen offenbar nicht mehr wirklich, wie wir leben sollten.
Wir sind heute reicher an so vielem, aber haben viel von dem, was uns als Menschen wirklich ausmacht, unsere Werte reduziert und oftmals der Beliebigkeit anheim gegeben.
Wir ertrinken in Worten, leben aber unsere aufrichtigen Emotionen zu selten und geben Hass und Abneigung zu viel Raum.
Wir werden überschwemmt mit Texten, immer mehr von uns begreifen aber tatsächlich immer weniger.

Wir organisieren unser Leben aber glauben immer weniger zu erreichen, wir verzweifeln an all unseren eigenen und fremden Erwartungen. Alles wird schneller und wir haben immer weniger Geduld und können kaum noch warten.

Doch das muss nicht unser Schicksal sein, denn wir haben die Fähigkeiten unsere Verwerfungen und Fehlentwicklungen zu erkennen und zu ändern, das ist die Freiheit, die wir alle haben.
Wir alleine entscheiden darüber, ob Widersprüchlichkeiten uns steuern oder ob wir das Steuer in der Hand haben!

Der erste Schritt gegen solche zwanghafte und widersprüchliche Verhaltensweisen liegt darin zu erkennen, was die wirklich wichtigsten Dinge im Leben sind.

Wie wichtig diese Festlegung ist – hierzu gibt es ein schönes Experiment.
Ich nehme hierzu immer eine Vase. Zur Auffüllung dieser Vase stehen Kästen mit Golfbällen, Glasmurmeln und Sand zur Verfügung. Nimmt man jetzt die Golfbälle und schüttet diese in das Gefäß sieht diese wirklich gefüllt aus. Dann schüttet man die Glasmurmeln unter leichtem Schütteln in die Vase. Die Glasmurmeln passen noch hinein weil sie die vielen Zwischenräume bei den Golfbällen auffüllen. Anschließend schüttet man in die schon gefüllte Vase den Sand. Dieser sickert in alle noch so kleinen Zwischenräume.

Jetzt kehrt man das Experiment um. Man füllt zuerst den Sand in die Vase und dann die Glasmurmeln. Ein erheblicher Teil der Golfbälle passt anschließend nicht mehr in das Gefäß.

Setzt man die Golfbälle mit den wirklich wichtigen Dingen im Leben gleich, mit Freundschaft, mit Liebe mit Lebensfreude, Familie, mit guten Gefühlen. Die Glasmurmeln stehen für die Arbeitsaufgaben, für den Job, für die Projekte und Ziele und der Sand steht für unser Tagesgeschäft, von dem wir uns so bestimmen lassen.
Befüllen wir also unsere begrenzte Lebensvase zuerst mit dem Sand und den Glasmurmeln, also den weniger aber immer präsenten Anforderungen passen die Golfbälle, also die wirklich wichtigen Dinge nicht mehr hinein.

Widersprüchlichkeiten

1992 Wie Schlagzeilen entstehen können

Im Verlauf der Debatten um die Emsvertiefung gab es viele einprägsame Erlebnisse. Nie war man vor Überraschungen sicher.
Nach einem runden Tisch im Papenburger Rathaus im Jahr 1992 bot ich verschiedenen Teilnehmern der Umweltverbände eine Werftbesichtigung an.
Diese wurde auch dankend angenommen. Im Baudock waren sehr eindrucksvoll die Baublöcke der späteren Silja Europa zu sehen. Ich erläuterte die Besonderheiten dieser imposanten Fähre und die Art und Weise unserer Produktion.
Wenige Wochen später erhielt ich auf einer Sitzung der IG Metall in Hamburg einen Anruf unseres PR Bereiches. Dieser war von Medienvertretern darauf aufmerksam gemacht worden, dass die Umweltverbände WWF und BUND gemeinsam mit der grünen Landtagsfraktion in Hannover eine Presseverlautbarung zum Thema Schiffbau in Papenburg herausgeben wollten. Der genaue Hintergrund war nicht bekannt, es sollte allerdings um ein Projekt gehen, welches die Werft bisher verschwiegen habe.
Nun ist es bei unseren Produkten kaum möglich ein Projekt zu verleugnen, also rief ich in Hannover an und hinterfragte diese PK.
Zu meinem Entsetzen wurde uns der Vorwurf gemacht, dass wir an einem Schiffbauprojekt mit einer Dimension bauen würden, welches nochmals die Grenzen der Ems überstieg und das wir in den Diskussionen verschwiegen hätten. Nach näheren Hinterfragen wurde mir deutlich das man unsere Ostseefähre, meinte. Ich bat sowohl in der Staatskanzlei, in den Sekretariaten der Verbände und im Büro der grünen Landtagsfraktion um ein klein wenig Zeit. Ich würde mich sofort auf dem Weg nach Hannover machen und wir könnten unmittelbar alle Unklarheiten beseitigen und alle Fragen klären.
Auf der Höhe der Abzweigung Walsrode war dieses Vorhaben allerdings schon nicht mehr notwendig, denn die Presseverlautbarungen liefen schon über das Radio. Der Kern des Vorwurfes war tatsächlich das wir als Meyer Werft den Verbänden und der Politik ein Schiffbauprojekt mit diesen Dimensionen vorenthalten hätten.
Obwohl mir dies nicht so oft passiert war ich doch sprachlos. Nach einem kleinen Spaziergang auf dem nächsten Parkplatz erreichte ich telefonisch das Büro der Grünen im Landtag. Die Fraktionsvorsitzende Thea Dückert und Hannes Kempmann waren beide nicht erreichbar. Ich wies darauf hin das dieses mysteriöse Schiff im Landeskreditausschuss, in dem auch Vertreter der Landesregierung, der die Grünen angehörten, dargestellt worden sei und man dort eine Landesbürgschaft beschlossen habe. Etwas betreten und kleinlaut wurde dies auch eingeräumt. Bei meinem nächsten Anruf in der Staatskanzlei erreichte ich Wolf Weber, den damaligen Leiter der Staatskanzlei. Auf meine ungläubige Frage hin, ob denn nicht bekannt sei das dieses „Geheimprojekt“ umfassend bekannt und mitfinanziert sei, wies er auf einen gerade deshalb stattfindenden Wutanfall von Gerhard Schröder hin.
Der nächste Anruf ging dann an Holger Wesemüller vom WWF. Ich fragte ihn ob er sich denn nicht an unseren Rundgang, an meine Erläuterungen hinsichtlich der Fähre erinnern könne (Stichworte: Aluminiumdecks hinsichtlich Gewicht etc.). Auch er räumte etwas kleinlaut ein, das man sich wohl etwas versehen habe, aber jetzt sei es eben in der Öffentlichkeit und kaum mehr zu stoppen.
Als ich meiner Frau am Abend von diesen Erlebnissen erzählte war sie der Meinung das dies und viele anderen Begebenheiten so unglaublich seien das man diese doch eigentlich in einem Buch festhalten müsste ….

1992 Wie Schlagzeilen entstehen können

Volkswagen und die Folgen …

Den wirtschaftlichen Schaden, den die Volkswagen Affäre industriell anrichtet, den werden wir wahrscheinlich gut messen können. Es können gut und gerne mehrere Milliarden sein, die dort vernichtet werden.
Doch neben den finanziellen Messwerten gibt es einen Schaden, der nicht so leicht in Kennzahlen zu fassen ist.
Wunschgemäße Kennzahlen mit allen nur erdenklichen Taktiken und Tricks zu erzeugen, dies war bisher den nicht verantwortungsbewussten Finanzjongleuren der Bankenbranche zugetraut worden. Diese Dinge haben dem Ansehen der Finanzwelt immens geschadet (wobei anzumerken ist das viele der damalig für die Krise Verantwortlichen keineswegs gelernt haben und schon wieder ungehindert ihr Unwesen treiben).
Und nun tauchen plötzlich ähnliche Vorgänge bei der Technik, bei unseren Produkten auf?
Bestimmen Quartals,- Börsen,- Bilanzzahlen unser Leben, unsere Ethik unsere Grundsätze mittlerweile derart, dass wir bereit sind, dem alles unterzuordnen?
Was ist bei uns passiert und vor allem welche Rückschlüsse ziehen wir aus diesen sich immer wiederholenden Vorgängen?
Vermeintliche etwas Knarrig wirkende „preußische Tugenden“, die für unsere Markenbestimmung auf der Welt so bedeutsam sind, werden von uns selber leichtfertig über Bord geworfen.
Was passiert mit der „Marke Deutschland“, wenn das sklavische Befolgen von Vorgaben dazu führt, das sowohl technische, praktische oder moralische, ethische, oder Bedenken hinsichtlich der Unternehmensgrundsätze einfach beiseite gewischt werden?
Sind die Zahlen für die jeweiligen Aktionärsversammlungen das Goldene Kalb, um das wir alle blind herumtanzen?

Wollen oder können wir nicht wahrnehmen das die Basis unserer bisherigen unternehmerischen Erfolge in diesem Land fast ausschließlich durch Wagemut, durch eine langfristige Strategie, durch technisches und organisatorisches Geschick, durch Ideenreichtum und Außergewöhnlichkeit bestimmt wurde?
Ein Unternehmen, das keinen Gewinn macht, hat keine Zukunft und eine solche möglicherweise auch nicht verdient. Sicher ist aber auch das Made in Germany eine Basis hat, die darauf baut, dass wir alles andere als kritiklose Massentiere sind.
Unsere Stärke liegt in der Ingenieurs,- und Facharbeiterkunst, die sich erfreut an technischen, organisatorischen Innovationen die wir mit Fleiß, Zuverlässigkeit und einer gehörigen Portion individuellem Querdenken erzeugen. Nur so haben wir in dieser globalen Welt eine Chance.
Im Übrigen entscheiden diese konsequent gelebten Merkmale über Erfolg oder Misserfolg. Die Zahlen folgen diesen Ideen und Produkten und nicht umgekehrt. Ich arbeite Gott sei Dank seit Jahrzehnten in einem eigentümergeführten Unternehmen, wo dieser Zusammenhang und diese Strategie gelebt und vermittelt wird.

Verlieren die Kunden das Vertrauen in diese Merkmale unserer Produkte und unserer Art der Produktion werden wir gewöhnlich und verlieren alles.

Was richtet der Volkswagen Skandal mit der Marke Deutschland an und ist es nicht an der Zeit nach den zuletzt so erbärmlichen Vorstellungen (Flughafen Berlin; Stuttgart 21 etc.) gemeinsam darüber nachzudenken, ob wir mit dieser Art von Arbeit nicht dabei sind, leichtfertig das Erbe der letzten Jahrzehnte zu verprassen?
Verantwortliche Versager für solche Projekte können sich in unserem Land offenbar ohne ernsthafte Konsequenzen austoben. Den Preis zahlen wir alle. Und dabei habe ich neben dem Reputationsschaden für „Made in Germany“ auch die gesellschaftlichen Konsequenzen im Blick. Was für ein (Vor)- Bild geben wir der nachfolgenden jungen Generation?
Aber dazu später noch mehr ……

Volkswagen und die Folgen …

Manchmal funktioniert es …..

Armageddon

Im Jahr 1999 fand in Moskau eine Konferenz statt, zu der ich über die Träger und Partner bei dem Aufbau unserer Beschäftigungsgesellschaft in Rostock eingeladen worden war. Ich musste allerdings früher wieder zurück nach Berlin und buchte einen Rückflug über einen kleinen Moskauer Flughafen. Der Transfer sollte mit einer Iljuschin Il-14 stattfinden. Was dies für ein Flugzeug war wurde erst sichtbar als ich auf dem Flugfeld angelangte. Dort stand eine zweimotorige schon etwas ältere Maschine etwas abseits der anderen modernen Jets. Mit etwas mulmigen Gefühlen stieg ich ein. Ich beruhigte mich mit der Vorstellung über die Robustheit und Unverwüstlichkeit der russischen Technologie. Die anderen Passagiere waren ausschließlich russische Bürger.
Nachdem der Einstieg geschlossen wurde, sprangen die Motoren an. Mit einem heftigen Röcheln und unter dem Ausstoß einer qualmenden Wolke starb aber nach nur wenigen Umdrehungen der Backbord Motor ab.
Etwas erleichtert dachte ich an ein frühes Ende dieses Abenteuers und war im Begriff den Sicherheitsgurt zu lösen. Keiner der Passagiere stand jedoch auf oder war offenbar beunruhigt. Bei dem Blick aus dem Fenster stockte mir der Atem. Ein Wagen mit einer hydraulischen Ladefläche wurde unter den Motor gefahren. Zwei Monteure entfernten ruhig und ohne Hektik die Außenabdeckung des vormals stotternden Antriebs. Mit ungläubigem Staunen konnte ich genau erkennen, wie neben einigen Handgriffen mit einem Schraubenschlüssel auch ein Schlosserhammer mit gezielten Schlägen zum Einsatz kam. Auf ein Zeichen zum Piloten zündete dieser den Motor nochmals. Stotternd, wieder stark qualmend aber eindeutig immer stabiler laufend stabilisierte sich der Motor. Nachdem der Pilot das Aggregat kurzzeitig gestoppt, die Außenhaut von den Monteuren wieder angebracht und diese sich mit ihrem Hydraulikgefährt entfernt hatten, begannen die Startvorbereitungen von vorne. Den ganzen Flug von Moskau nach Berlin habe ich keinen Blick von dem vermaledeiten Motor wenden können. Wenn es nicht derart peinlich gewesen wäre, hätte ich nach der Landung gerne den Boden geküsst.
Seit diesem Erlebnis muss ich immer über die Szene in dem Film Armageddon lachen. Dort nehmen amerikanische Space Shuttle Piloten einen russischen Astronauten mit auf einen Asteroiden. Als das Shuttle dort nicht starten kann, repariert dieser den Motor mit gezielten Hammerschlägen….. ich habe es erlebt, dass dies funktionieren kann!

Manchmal funktioniert es …..

Rückblick; Mut wird nicht immer aber oft belohnt.

Gerade wühle ich in meinen alten Notizen und da fällt mir doch meine persönliche Zusammenfassung einer interessanten Betriebsversammlung aus dem Jahr 1992 in die Hände.

Als wir in den Jahren 1990 und 1992 unsere beiden neuesten Kreuzfahrer Horizon und Zenith ablieferten, führten wir eine ganz besondere Betriebsversammlung durch.
Wir diskutierten mit der gesamten Mannschaft darüber, wie wir uns in dem Markt weiterhin behaupten könnten. Herr Meyer wies schon damals darauf hin, dass wir nur durch eine konsequente Spezialisierung erfolgreich sein könnten. Nur wenn wir die schnellsten, die Zuverlässigsten, qualitativ und preislich besten Schiffbauer seien, hätten wir eine Chance. Das wir dazu in der Lage seien hätten wir mit der Horizon und der Zenith unter Beweis gestellt.
Ich war damals Betriebsratsvorsitzender und habe nach der ausführlichen Würdigung der Gesamtlage zum Ende der Betriebsversammlung aufgefordert all das was uns erfolgreich gemacht hat kritisch zu überprüfen und ggf. über Bord zu werfen. Wir müssten unsere unmittelbare Arbeit, die Werft, die Abläufe in der Produktion unsere Produktideen vielleicht gerade jetzt komplett neu erfinden.
Nach diesen Worten rührte sich keine Hand zum Beifall. Es gab nur ein kollektives Schweigen so schwer wie Blei und hörbar unzufriedenes Gemurmel.
Das ist für einen Betriebsratsvorsitzenden sicherlich die Höchststrafe!

Ein alter Kollege aus dem IG Metall Vertrauenskörper, meldete sich zu Wort und empörte sich. In knappen plattdeutschen Worten geißelte er meinen Appell als unverständlich und nicht fair. Alle Kollegen hätten sich so angestrengt, dass es uns nur so gelungen wäre, pünktlich fertig zu werden. Jetzt hätten wir uns doch wohl eine Belohnung bzw. doch das Recht auf ein Zurücklehnen, eine „Verschnaufpause“ verdient. Er verstände nicht, was der Betriebsratsvorsitzende mit seinen Worten erreichen wollte.
Ein beeindruckender, für unsere Verhältnisse, rauschender Beifall kam auf.
Alle Blicke, die der Mitarbeiter, meiner BR-Kollegen und die der Geschäftsleitung wandten sich mir zu.

Was tut man in einer solchen Situation? Den Wortbeitrag angreifen, mit allen zur Verfügung stehenden rhetorischen Rednerwerkzeugen zerlegen, ihn ignorieren?

Nun, da wir fast am Ende der Versammlung angelangt waren, habe ich allen Rednern gedankt, ein kurzes Fazit gezogen – doch kaum einer hörte hin, alles wartete nur auf meine Erwiderung auf diesen nicht aggressiven aber sehr authentischen Angriff.

Meine Antwort war wie folgt:
„Doch bevor ich die Betriebsversammlung beende, liebe Kolleginnen und Kollegen möchte ich doch auf den Wortbeitrag des Kollegen Walter eingehen.
Ich finde es beeindruckend das er seinen Wortbeitrag so wie wir ihn kennen auf plattdeutsch vorgetragen hat. Ich finde es beeindruckend, dass ihr ihm so viel Beifall gespendet habt. Ihr seht, so schwer ist es gar nicht vor einer größeren Menge an Menschen zu reden. Ihr alle wartet auf meine Antwort, denn ich habe etwas völlig anderes von uns allen gefordert wie der Kollege und ihm habt ihm Zustimmung durch euren Beifall gezeigt, während ihr meine Aufforderung offenbar nicht gut gefunden habt“.
Zustimmendes Gemurmel erhob sich aus der Menge.

Weiter habe ich dann ausgeführt, das ich der Meinung wäre das dann, wenn in unserer Mitte Koreaner, Japaner oder andere Konkurrenten gesessen hätten, diese noch viel viel mehr und stärker Beifall gespendet hätten.
Denn genau dies sei ihre Chance. Dass wir stehenbleiben würden, dass wir warten, bis sie aufgeholt und uns letztendlich überholt hätten.
Sie hätten begeistert geklatscht zu der Idee, dass wir doch bitte etwas langsamer an uns arbeiten.

In der plötzlich entstandenen Totenstille, man hätte eine Stecknadel fallen hören können, habe ich dann die Betriebsversammlung beendet.

Mein alter Betriebsratskollege Wilhelm Kröger kam anschließend bei mir vorbei und sagte mir das ich mit dieser Versammlung meine Chancen auf eine Wiederwahl völlig verspielt hätte. Dieser Einschätzung schlossen sich seinerzeit viele an.
Ich habe den Kollegen aber gesagt wie überzeugt ich von der Richtigkeit meiner These zur Notwendigkeit von kontinuierlichen Veränderungen und Anpassungen sei. Als Trennseite liegt in all meinen Kalendern seit eh und je der Spruch ….
„An allem, was man im Leben macht, hängt ein Preisschild“.
Das, was man tut, mag Konsequenzen haben, dass was man unterlässt jedoch auch.

Bei den darauffolgenden Betriebsratswahlen nach dem Persönlichkeitsprinzip wurde ich von 89,8 % der Mitarbeiter wieder als Betriebsrat gewählt.

Mein Fazit, – nicht Popularität, Stammtischtauglichkeit oder die Unumstrittenheit von Themen sind maßgeblich für das Vertrauen der Menschen an ihre zu wählenden Vertreter. Vertritt man auch umstrittene Positionen voller Überzeugung und ist authentisch, überzeugt dies Menschen mehr als alles andere. Man muss Themen nicht verkaufen. Dies ist mittlerweile ein so geläufiger Begriff geworden das es mich gruselt. Das was man denkt soll und kann man sagen, das was man sagt soll man tun und das was man tut soll man auch sagen und verfolgen.

Rückblick; Mut wird nicht immer aber oft belohnt.

Führungsphilosophie

Vor einigen Tagen hatte ich wieder einmal eine spannende Diskussion über das Grundverständnis von Personalführung bei Führungskräften.
Ich habe dabei von meinem interessanten Erlebnis im Zusammenhang mit einer Buchvorstellung von Norman Schwarzkopf (US amerikanischer General; Befehlshaber Desert Storm) berichtet.
Freunde von mir hatten mich zu einer Buchvorstellung eingeladen.
Ich glaube, dass ich damals der einzige Personalchef in dieser Runde war.
Im Laufe des Abends kam ich mit zwei imposanten US Navy Seals ins Gespräch. Die beiden Bilderbuchsoldaten waren sehr offen für eine Diskussion.
Als ich sie fragte ob es ein quasi übergreifendes Motto der Seals gäbe, antworteten sie

„ Es gibt keine schlechten Teams, es gibt nur schlechte Leader“.

Nun – ich musste schmunzeln, denn dieses geklaute Zitat stammt von Napoleon Bonaparte. Viel interessanter war für mich allerdings, was denn dieses Motto für sie konkret bedeutete.
Ob das was sie mir dann erzählten tatsächlich der Realität entspricht weiß ich zwar nicht, es war aber schon extrem authentisch dargestellt.

Die beiden schilderten mir voller Stolz, wie intensiv der Rekrutierungsprozess bei ihnen sei. Wie hart die Ausbildung, wie vielseitig und anspruchsvoll für Körper und Geist. Wer diese Auswahl, diese Ausbildung überstehe, gehöre zu den Besten der Besten. Deshalb könnten Operationen der Seals, dieser Überzeugung oder Philosophie folgend auch nur scheitern, wenn die Teams schlecht geplant, koordiniert oder geführt würden. Diesbezüglich gäbe es auch in aller Regel bei problematischen oder fehlerhaften Einsätzen immer nur Konsequenzen in der Führung bzw. im Stab und nicht in der Mannschaft.
Die Verantwortung des Leaders für den Erfolg, die Sicherheit und Unversehrtheit des Teams sei umfassend und nicht delegierbar.

Ich machte mich etwas lustig darüber, weil ihre Teams sicherlich auch noch erscheinen würden, wenn es eigentlich nicht verantwortbar sei (Einsatz trotz Kopf unter dem Arm 🙂
Daraufhin wurde mir geschildert, dass die verantwortlichen Offiziere ihre Teams innerhalb weniger Minuten für anspruchsvolle Operationen einsatzbereit haben müssten. Sie seien nicht nur für die technische und organisatorische Ausrüstung verantwortlich. Sie müssten auch wissen oder erahnen, ob es einem Teammitglied nicht gut gehe, ob er Probleme in der Familie habe, ob er mit den Gedanken völlig woanders sei. Hier gleichgültig zu sein, solche Dinge nicht zu wissen und zu erkennen, könne die Sicherheit und Effizienz des gesamten Teams gefährden. Deshalb sei es die oberste Aufgabe des Seal Offiziers den Zustand der einzelnen Mitglieder aufmerksam zu registrieren und entsprechend zu berücksichtigen.

In Kombination mit dem o.a Grundstaz war dies für mich ein schönes Beispiel für eine sehr anspruchsvolle Führungsphilosophie. Ich frage regelmäßig in Diskussionen, wer sich zutraut, ein solches Führungsmodell für sich selber anzunehmen? Noch habe ich keinen Kursteilnehmer getroffen der sich in dieser radikalen Konsequenz zu einer solchen Verantwortung bekennen möchte.

Führungsphilosophie

Messerangriffe, Brandanschläge, Galgen auf Demos und Hassmails …..

Messerangriffe, Brandanschläge, Galgen auf Demos und Hassmails …

Wieso überrascht es so viele Menschen das nach der Verrohung der Sprache auch die Hemmschwellen für körperliche Übergriffe sinkt?
Die Worte folgen den Gedanken, die Handlungen den Worten und die Handlungen zeigen die Werte und einen Charakter. Diese Zusammenhänge sind nicht wirklich neu.

Wirklich erschreckend ist die völlige Angstfreiheit zunehmend vieler Mitbürger hinsichtlich Grenzüberschreitungen.
Ist der Tabubruch in jedweder Hinsicht mittlerweile so gesellschaftsfähig, dass man mit solchen Handlungen sogar offen prahlt?
Hassmails gegen andersdenkende mit offener Namensnennung, verunglimpfende Plakate so schlimm wie lange nicht mehr, Gewalt gegen Polizisten – alles mittlerweile normal? Wie kam es zu dieser Enthemmung?

Und wenn uns diese aktuellen Entwicklungen die wir jeden Tag in den Medien beobachten belasten und bedrücken, wenn wir dies nicht akzeptieren wollen, wie sehen unsere Antworten und Rezepte aus?

Viele der ganz schnellen Antworten laufen auf Bildung hinaus.
Dabei geht man davon aus, dass Bildung ein Allheilmittel ist. Doch ist das so richtig?
Bei den so hasserfüllten Pegida Demonstrationen sind doch nicht nur ungebildete Leute dabei?! Es sind erschreckend viele vermeintlich ganz „normale“ Bürger aus der Mitte der Gesellschaft, die dort eine Maske fallenlassen, die brüllen und pöbeln, und Sprüche skandieren wie aus der schlimmsten Zeit unseres Landes?!

Was diesen Menschen in der rechten Szene, bei Pegida oder auch der AfD fehlt, ist nicht zwingend Bildung, sondern Anstand, Moral und eine natürliche Empfindung für Ethik und Mitmenschlichkeit. Es fehlt einfach die humanitäre Grundgesinnung.

Würde die Vermutung, dass Bildung quasi automatisch zu einem vernünftigen Verhalten führt und solche schlimmen blanken Hasstiraden und Gewaltausbrüche verhindern könnte, gleichzeitig bedeuten, dass gebildete Menschen grundsätzlich mehr Anstand und Vernunft besitzen?
Ich persönlich kenne sehr sehr viele Menschen die unglaublich integer, die verantwortungsbewusst, die in vielerlei Hinsicht vorbildhaft sind und die gleichzeitig keine umfassende Bildung genießen konnten.
Umgekehrt waren die schlimmsten Monster in unserer Geschichte durchaus auch gebildete Menschen. Und wenn man sich daran erinnert mit welcher Schamlosigkeit verantwortungslose Finanzjongleure tausende von Betrieben und zigtausende von Menschen in den Ruin getrieben haben und keine Scham hatten hierfür auch noch Bonuszahlungen zu erwarten, dann ist auch dies ein Beweis dafür, dass eine gute Bildung nicht zwangsläufig zu einem richtigen Verhalten oder einem guten Charakter führt.
Eine bessere, eine umfassende Bildung brauchen wir zwingend bei der Weiterentwicklung unserer Gesellschaft, aber ohne ethische Leitplanken hilft sie kaum und ist ziellos.

In einer, mit inszenierten Tabubrüchen überschwemmten Gegenwart, in der Begrifflichkeiten wie Verhalten, Charakter, Moral und vielleicht auch Anstand leicht als überkommen, altmodisch oder uncool belächelt werden, entwickeln ungezügelte Sprache und Taten sich zu Säureähnlichen zersetzenden Prozessen.
Zu dieser Erosion unseres gesellschaftlichen Fundamentes tragen wir alle bei.
Und nur gemeinsam sind wir in der Lage diese Entwicklungen zu stoppen.
Sicherlich wird man die Entwicklungen in vielen Bereichen unseres Lebens nicht mehr zurückdrehen. Wir haben alle unglaublich viel mehr Freiheiten in fast allem, was wir tun. Diese größere Freiheit führt aber unzweifelhaft auch zu wesentlich größerer Verantwortung.
Individuelle und gesellschaftliche Freiheit kann nur bestehen auf der Basis einer politischen, gesellschaftlichen Ethik, die mit dieser Entwicklung Schritt hält und diese durch Begrenzungen auch gestaltet.
Müssen wir nicht dringend anfangen uns mit diesen Werten, mit einer tragfähigen Ethik in der heutigen Zeit zu beschäftigen? Sie zu leben? Beispielhaft danach zu handeln?

Meinungsauseinandersetzungen, die Suche nach dem besten Weg bei unseren Aufgaben und Zielen sollen durchaus mit scharfer Klinge ausgefochten werden. Solche Diskussionen bei der Suche nach den besten Lösungen unserer Herausforderungen sind die Triebfedern unserer Demokratie.
Doch dort, wo Hass und Niedertracht in Gedanken und Worte einzieht, wo Menschen seelisch und körperlich Leid angedroht und zu oft auch angewendet wird, da hört jedes Verständnis, jede Toleranz auf.
Es gibt keine einzige Entschuldigung, die für solches Verhalten auch nur annähernd akzeptabel wäre.
Besorgte Bürger können und sollten sich artikulieren! Für eine solche sachgerechte Debatte ist unsere Demokratie ideal.
Jeder hat angesichts des milionenfachen Leides von Flüchtlingen auf der Welt das Recht und sogar die Pflicht teilzunehmen an der Debatte um die beste, die humanitärste und für uns alle tragbarste Lösung. Hier sind Herz aber auch Verstand gefordert.
Hassgedanken, Hassworte und Hassgewalttaten bei dieser notwendigen Debatte sind nicht nur beschämend für uns alle, sie sind inakzeptabel.
Hier braucht es die gesamte Ächtung solcher Hassprediger. Verständnis brauchen solche geistigen Brandstifter, gleichgültig aus welchem Lager sie stammen, nun wirklich nicht. Diese wollen sie auch nicht!

Es braucht aber auch über diese Tage hinaus eine neue Kultur der Konsequenz.
Wer in einer Gesellschaft von vielen und immer mehr sehr unterschiedlichen Menschen leben will und wird, der muss die Demokratie schützen. Dazu gehört die Verteidigung der Meinungsfreiheit aber auch ein konsequentes und verständliches System von Recht und Ordnung. Unsere Vorliebe für alles Verständnis und viele Entschuldigungen zuzulassen, wird auf gerade zu perfide Art und Weise von den Gegnern unseres Gemeinwesens ausgenutzt.

Die Brandstifter mit dem Wort und der Tat müssen von uns allen merken, dass sie außerhalb stehen und wir ihr Treiben weder Gutheißen noch akzeptieren.
Dazu gehören auch eindeutige juristische Konsequenzen.
Eine wehrhafte Demokratie braucht sich vor nichts zu fürchten, wenn sie bereit ist, konsequent zu handeln.

Ich bin davon überzeugt das wir neben den anstehenden ökonomischen Herausforderungen auch eine umfassende Gesellschaftliche, ethische und juristische Diskussion benötigen. Damit unsere Demokratie gesund bleibt, müssen wir die zum Teil schrecklichen Krebsgeschwüren gleichenden hasserfüllten Gedanken, Worte und Handlungen rechzeitig, konsequent und ohne Zugeständnisse bekämpfen. Dabei ist es völlig unerheblich ob diese Angriffe von rechten linken von islamistischen oder anderen radikalen Gruppen ausgehen.

Messerangriffe, Brandanschläge, Galgen auf Demos und Hassmails …..

Sind wir vorbereitet?

Viele Themen werden in diesen Tagen diskutiert.
Die einen sind relevant, – die anderen m.E weniger.

Erstaunlich finde ich persönlich die Ruhe, mit der wir alle jedoch die Entwicklungen in der Weltwirtschaft mit einem fast gleichgültigen Achselzucken zur Kenntnis nehmen. Natürlich schreibe ich diese Zeilen auch deshalb, weil ich es als derart wichtig empfinde, Arbeitsplätze wie die auf unserer Werft mit allen Mitteln zu schützen und nicht zu gefährden. Industriearbeitsplätze, die wir heute aufgeben, verlieren wir auf immer.

Wenn man in diesen Tagen etwas aufgeschlossener über den Tellerrand hinausschaut, ist es kein Kunststück zu erkennen welche dunkeln Wolken in der Weltwirtschaft heraufziehen. China als einer der bestimmenden Märkte durchläuft einen rasanten Strukturwandel. Wir waren bisher trotz aller Ängste, die wir im Zusammenhang mit diesem Riesenreich mit uns herumschleppen, der große Nutznießer. Das Land investierte massiv in Immobilien und vor allem in Infrastrukturmaßnahmen. Diese wurden bewusst mit billigen Zinsen finanziert.

Wie überall ist diese Blase auch (zumindest teilweise) geplatzt. China ist zwar nach wie vor stabil, aber in den nächsten Jahren wird man viel in diesem Marktssystem reparieren müssen und die übergroßen Wachstumsraten pendeln sich im deutlich einstelligen Bereich ein.
Der asiatische Boom, der uns alle mitgezogen hat, ist erst einmal auf ein für unsere Verhältnisse noch immer großes, verglichen mit den bisherigen Jahren jedoch normales Maß geschrumpft.

Die extremen Schwierigkeiten der so erwartungsvollen neuen Akteure auf dem Weltmarkt wie z.B Brasilien und anderer Schwellenländer haben ihre Ursache genau hier.
Viele von ihnen lebten von hohen Rohstoffpreisen und billigen amerikanischen Notenbankzinsen, die Investoren in ihr Land trieben. Die fehlende Nachfrage aus China drückt jetzt die Preise. Viele Investitionen werden zurückgefahren und sollten die Zinsen demnächst steigen wahrscheinlich komplett entfallen.

Bei solchen Ausgangslagen entstehen damit zusammenhängende Probleme überall und dies mit zunehmender Dynamik und Geschwindigkeit. Auch wir in Deutschland stehen vor großen Folgen dieser Entwicklungen.
Auf unsere Exportüberschüsse sind wir stolz, aber sie machen uns eben auch extrem abhängig von den Entwicklungen auf der Welt.
Viele Politiker glauben, dass sie und ihre Politik wesentlich das Wachstum steuern könnten. Heute ist es die Wirtschaftspolitik von Frau Merkel, andere glauben an die Wirkungen der Agenda Politik von Gerhard Schröder.
Dies verkennt die Zusammenhänge und Wirkungsweisen in einer globalen Wirtschaft.
Die Agenda 2010 hat die negativen Wirkungen der seinerzeitigen Krise abgemildert und Deutschland eine gute neue Startposition verschafft. Einfluss auf die Marktentwicklung hatte das Ganze herzlich wenig.
Bei großen Teilen unseres Wirtschaftswachstums haben wir einzig und allein von dem Boom in Asien und in den Schwellenländern partizipiert.
Wir können mit einer geschickten und gezielten Wirtschaftspolitik Impulse setzen und Entwicklungen fördern oder mildern. Tatsächlich tiefgreifende Auswirkungen ergeben sich jedoch nur über den Markt.

Sollte sich die Weltwirtschaft abkühlen verkaufen wir Deutsche einfach weniger unserer Produkte und dann merken wir, wie wenig wir tatsächlich beeinflussen können und wie viele Aufgaben zur Stabilisierung unserer Wirtschaft wir mehr schlecht als recht erfüllt haben. Die Erfolge haben uns blind gemacht für die Gefahren, die nicht geringer, sondern deutlich größer und unkalkulierbarer geworden sind.

Man muss kein Prophet sein, um festzustellen das die Chancen für neue Rekorde bei den Autoverkäufen im Moment wenig realistisch sind. Und das hat sicherlich auch, aber nicht nur mit dem Abgasskandal bei VW zu tun.

Die Betriebe bzw. unsere Volkswirtschaft wird mit einem zweiten Umstand konfrontiert. Die wirtschaftliche Stagnation bzw. Verlangsamung verringert die Nachfrage nach Arbeitskräften. Und der hohe Zulauf von Flüchtlingen erhöht das Angebot an Arbeitskräften. Und wenn die Nachfrage fällt und das Angebot steigt, egal in welchem Markt, dann sinken die Preise, d.h die Lohnzuwächse werden deutlich niedriger ausfallen (müssen).

Wir erleben also aktuell schon die Abschwächung der Export- bzw. Außenwirtschaft, die parallel bzw. kurz darauf von einer strukturellen Schwäche der Binnenwirtschaft gefolgt wird.

Diese einfache Erkenntnis stößt auf eine Gesellschaft, die merkwürdig satt und zufrieden glaubt, dass der aktuelle Wohlstand und Beschäftigungsquote auf lange Zeit gesichert sei. Dadurch fühlt man sich gemüßigt, die Industrie mit immer mehr Bürokratie und Gesetzen zu bändigen und handzahm zu machen (Leiharbeit,- Werkverträge etc.)

Ich empfinde diese Entwicklung als gefährlich. Bei allem Eifer für Gesetze sollte man nicht vergessen das unser aller Wohlstand und damit Möglichkeiten zur Verteilung von sozialen Wohltaten immer erst in einer globalen Konkurrenz erwirtschaftet werden müssen.
Da wir uns aber m.E weder umfänglich auf die kommende Krise vorbereiten noch intensiv an der Verstärkung unserer Stärken arbeiten, kommen die großen Probleme ziemlich ungefiltert auf uns zu.
Das wird das wirtschaftliche und politische Umfeld sein, in der wir Krisen der nächsten Jahre werden lösen müssen.

Sind wir vorbereitet?

Regeln, Pflichten und Rechte – was sind sie wert?

Zu den weniger populären Wahrheiten gehört meines Erachtens das ein funktionierendes Gemeinwesen eindeutige Regeln, Gesetze und Grundlagen braucht. Diese Gesetze, Regeln und Normen dürfen nicht leichtfertig von Auslegungen, Interpretationen oder momentanen Stimmungen verwischt und in Frage gestellt werden.
Ich finde es faszinierend, wie wenig es realisiert und akzeptiert wird, wie sehr ein stabiles Fundament von gemeinsamen Werten und Normen und Grenzziehungen notwendig ist um gut und friedvoll miteinander zu leben.

Das Grundgesetz, welches nach wirklich schlimmen Zeiten in unserem Land als verlässliche Basis erarbeitet wurde, mag nicht perfekt sein. Was ist schon perfekt? Sie ist dennoch eine der besten Grundlagen, die wir in unserer Geschichte je hatten.
Es ist doch im Zusammenhang mit den Herausforderungen durch die Flüchtlingswelle eine völlig theoretische Diskussion über eine deutsche Leitkultur oder Deutschtümelei zu philosophieren.
Die Basis für jeden Menschen, der bei uns lebt, oder auch nur vorübergehend leben möchte, wird durch das Grundgesetz gebildet.
Noch immer lassen wir unsere Staatsbediensteten, Politiker und die Ordnungsmacht auf dieses Gesetz schwören. Doch wie wichtig ist es uns allen?
Erkennen wir die Notwendigkeit zur Durchsetzung der Grundwerte an? Was man nicht entschlossen verteidigt fällt irgendwann.

Der Aufbau unserer Gesellschaft ist nicht komplikationslos verlaufen. Doch es ist schon erstaunlich wie erfolgreich der Aufbau einer starken demokratischen Zivilgesellschaft nach einer so schrecklichen Zeit wie der des Nationalsozialismus tatsächlich war. Es war ein guter Job den die Gründerväter dieser Republik seinerzeit machten! Die Entwicklung unserer Gesellschaft auf der Basis des Grundgesetzes führte dazu das wir eine, im Vergleich mit unserer Vergangenheit, unvergleichlich gute Zeit hatten.
Ich bedaure, das man unter den Vorzeichen von vermeintlicher Modernität heute leichthin bereit ist fast alle Regeln und Normen zu verwässern, wenn es die ultimative Freiheit des einzelnen begrenzen könnte.
Und das alles unter dem Deckmantel der Toleranz..??
Wir sind leider allzu bereit immer mehr Regelverstöße unserer „Basics“ des Grundgesetzes als vertret,- und entschuldbar anzusehen und diese zu tolerieren. Eine Gesellschaft die sich so aufstellt, entwickelt sich nicht weiter. Sie wird anarchisch und extrem.
Vieles entgleitet uns schon, weil wir immer weniger bereit oder in der Lage sind, Regelverstöße mit der entsprechenden Konsequenz zu identifizieren und zu ahnden.
Unsere Gleichgültigkeit mit der wir alle zusehen wie die Basis unser Staates, wie unsere Gesellschaft von Strömungen, Gruppierungen und Zusammenschlüssen zuerst in Frage gestellt dann bekämpft und dann zerlegt wird, muss einem schon angst und bange werden.

Für alles, auch die schlimmsten Auswüchse von Individuen gleich welcher Nationalität soll oder muss man heute aus verschiedensten Gründen Verständnis haben – muss man das wirklich?
Muss man Verständnis dafür haben das rechtsradikale Schlägertruppen, zusammengesetzt aus vermeintlich benachteiligten Menschen, Teile unseres Landes mit ihren dumpfen und blöden Argumenten quasi in Geiselhaft nehmen und tun und lassen können was sie wollen? Das sowohl sie wie auch die gleichermaßen arroganten und immer alles besser wissenden  Linksautonomen sich das Recht herausnehmen zu zerstören zu randalieren zu verunglimpfen? Dass es rechtsfreie Räume in unseren Städten gibt die unsere Ordnungsmacht nur noch im Mannschaftswagen passieren kann und wo eine Parallelgesellschaft entsteht? Dass unsere Polizisten die Schutzmauer gegen diese Horden bilden sollen und diese für den undankbaren Job selten Lob, fast immer Kritik und kaum Anerkennung und Solidarität, sondern eher Abschläge bei ihren Sonderzahlungen erhalten?

Wir stehen vor riesigen Herausforderungen. Unser Land und unsere Gesellschaft wird sich durch die Entwicklungen auf der Welt tiefgreifend ändern. Das ist auch nicht wirklich schlimm und eigentlich normal. Doch in den Sturm dieser Veränderung hineinzugehen ohne festgezurrte Grundwerte an die sich ausnahmslos (!!!) jeder zu halten hat, wird zum Schiffbruch führen.
Liebe Deutsche und liebe Fremde. Unser Land bietet jeder und jedem, die Chance sein Leben optimal zu gestalten. Die Freiheit anders zu sein endet aber dort, wo die Grundrechte und Grundwerte dieses Landes berührt werden.
Das Grundgesetz steht bei uns, in unserem Land, über allen anderen Regeln.
Weder die Bibel noch der Koran oder irgendwelche anderen Schriften setzen diese Grundregeln außer Kraft.
Moral oder Wertevorstellungen jedes Einzelnen können bis an die Grenzen dieser gemeinsamen Basis gelebt werden. Sollten jedoch unsere unverbrüchlichen Werte, der Würde des Menschen, der Gleichberechtigung von Mann und Frau, der vollständigen Religionsfreiheit (um nur einige zu nennen) nicht akzeptierbar sein, sollten Deutsche oder Fremde dieses Land meiden oder verlassen.

Spannend finde ich, dass man von vielen Mitmenschen bei einer solchen Forderung als intolerant und altmodisch eingeordnet wird.

Haben wir den Mut laut und vernehmlich zu sagen wofür wir stehen? Was wir bereit sind zu akzeptieren und was auch nicht? Nur so können wir doch den Menschen die zu uns kommen und eine lange Zeit hierbleiben werden (wir sollten uns da keiner Illusion hingeben) sagen was sie von uns erwarten können und was wir umgekehrt erwarten werden.
Es ist meiner Meinung nach die einzige Chance für unsere Gesellschaft mit einem stabilen Kurs in diesem Sturm zu bestehen und nicht extreme Zentrifugalkräfte zu den Rändern entstehen zu lassen die wir alle nicht wollen.

Regeln, Pflichten und Rechte – was sind sie wert?