Sind wir vorbereitet?

Viele Themen werden in diesen Tagen diskutiert.
Die einen sind relevant, – die anderen m.E weniger.

Erstaunlich finde ich persönlich die Ruhe, mit der wir alle jedoch die Entwicklungen in der Weltwirtschaft mit einem fast gleichgültigen Achselzucken zur Kenntnis nehmen. Natürlich schreibe ich diese Zeilen auch deshalb, weil ich es als derart wichtig empfinde, Arbeitsplätze wie die auf unserer Werft mit allen Mitteln zu schützen und nicht zu gefährden. Industriearbeitsplätze, die wir heute aufgeben, verlieren wir auf immer.

Wenn man in diesen Tagen etwas aufgeschlossener über den Tellerrand hinausschaut, ist es kein Kunststück zu erkennen welche dunkeln Wolken in der Weltwirtschaft heraufziehen. China als einer der bestimmenden Märkte durchläuft einen rasanten Strukturwandel. Wir waren bisher trotz aller Ängste, die wir im Zusammenhang mit diesem Riesenreich mit uns herumschleppen, der große Nutznießer. Das Land investierte massiv in Immobilien und vor allem in Infrastrukturmaßnahmen. Diese wurden bewusst mit billigen Zinsen finanziert.

Wie überall ist diese Blase auch (zumindest teilweise) geplatzt. China ist zwar nach wie vor stabil, aber in den nächsten Jahren wird man viel in diesem Marktssystem reparieren müssen und die übergroßen Wachstumsraten pendeln sich im deutlich einstelligen Bereich ein.
Der asiatische Boom, der uns alle mitgezogen hat, ist erst einmal auf ein für unsere Verhältnisse noch immer großes, verglichen mit den bisherigen Jahren jedoch normales Maß geschrumpft.

Die extremen Schwierigkeiten der so erwartungsvollen neuen Akteure auf dem Weltmarkt wie z.B Brasilien und anderer Schwellenländer haben ihre Ursache genau hier.
Viele von ihnen lebten von hohen Rohstoffpreisen und billigen amerikanischen Notenbankzinsen, die Investoren in ihr Land trieben. Die fehlende Nachfrage aus China drückt jetzt die Preise. Viele Investitionen werden zurückgefahren und sollten die Zinsen demnächst steigen wahrscheinlich komplett entfallen.

Bei solchen Ausgangslagen entstehen damit zusammenhängende Probleme überall und dies mit zunehmender Dynamik und Geschwindigkeit. Auch wir in Deutschland stehen vor großen Folgen dieser Entwicklungen.
Auf unsere Exportüberschüsse sind wir stolz, aber sie machen uns eben auch extrem abhängig von den Entwicklungen auf der Welt.
Viele Politiker glauben, dass sie und ihre Politik wesentlich das Wachstum steuern könnten. Heute ist es die Wirtschaftspolitik von Frau Merkel, andere glauben an die Wirkungen der Agenda Politik von Gerhard Schröder.
Dies verkennt die Zusammenhänge und Wirkungsweisen in einer globalen Wirtschaft.
Die Agenda 2010 hat die negativen Wirkungen der seinerzeitigen Krise abgemildert und Deutschland eine gute neue Startposition verschafft. Einfluss auf die Marktentwicklung hatte das Ganze herzlich wenig.
Bei großen Teilen unseres Wirtschaftswachstums haben wir einzig und allein von dem Boom in Asien und in den Schwellenländern partizipiert.
Wir können mit einer geschickten und gezielten Wirtschaftspolitik Impulse setzen und Entwicklungen fördern oder mildern. Tatsächlich tiefgreifende Auswirkungen ergeben sich jedoch nur über den Markt.

Sollte sich die Weltwirtschaft abkühlen verkaufen wir Deutsche einfach weniger unserer Produkte und dann merken wir, wie wenig wir tatsächlich beeinflussen können und wie viele Aufgaben zur Stabilisierung unserer Wirtschaft wir mehr schlecht als recht erfüllt haben. Die Erfolge haben uns blind gemacht für die Gefahren, die nicht geringer, sondern deutlich größer und unkalkulierbarer geworden sind.

Man muss kein Prophet sein, um festzustellen das die Chancen für neue Rekorde bei den Autoverkäufen im Moment wenig realistisch sind. Und das hat sicherlich auch, aber nicht nur mit dem Abgasskandal bei VW zu tun.

Die Betriebe bzw. unsere Volkswirtschaft wird mit einem zweiten Umstand konfrontiert. Die wirtschaftliche Stagnation bzw. Verlangsamung verringert die Nachfrage nach Arbeitskräften. Und der hohe Zulauf von Flüchtlingen erhöht das Angebot an Arbeitskräften. Und wenn die Nachfrage fällt und das Angebot steigt, egal in welchem Markt, dann sinken die Preise, d.h die Lohnzuwächse werden deutlich niedriger ausfallen (müssen).

Wir erleben also aktuell schon die Abschwächung der Export- bzw. Außenwirtschaft, die parallel bzw. kurz darauf von einer strukturellen Schwäche der Binnenwirtschaft gefolgt wird.

Diese einfache Erkenntnis stößt auf eine Gesellschaft, die merkwürdig satt und zufrieden glaubt, dass der aktuelle Wohlstand und Beschäftigungsquote auf lange Zeit gesichert sei. Dadurch fühlt man sich gemüßigt, die Industrie mit immer mehr Bürokratie und Gesetzen zu bändigen und handzahm zu machen (Leiharbeit,- Werkverträge etc.)

Ich empfinde diese Entwicklung als gefährlich. Bei allem Eifer für Gesetze sollte man nicht vergessen das unser aller Wohlstand und damit Möglichkeiten zur Verteilung von sozialen Wohltaten immer erst in einer globalen Konkurrenz erwirtschaftet werden müssen.
Da wir uns aber m.E weder umfänglich auf die kommende Krise vorbereiten noch intensiv an der Verstärkung unserer Stärken arbeiten, kommen die großen Probleme ziemlich ungefiltert auf uns zu.
Das wird das wirtschaftliche und politische Umfeld sein, in der wir Krisen der nächsten Jahre werden lösen müssen.

Sind wir vorbereitet?

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