Vor einigen Tagen hatte ich wieder einmal eine spannende Diskussion über das Grundverständnis von Personalführung bei Führungskräften.
Ich habe dabei von meinem interessanten Erlebnis im Zusammenhang mit einer Buchvorstellung von Norman Schwarzkopf (US amerikanischer General; Befehlshaber Desert Storm) berichtet.
Freunde von mir hatten mich zu einer Buchvorstellung eingeladen.
Ich glaube, dass ich damals der einzige Personalchef in dieser Runde war.
Im Laufe des Abends kam ich mit zwei imposanten US Navy Seals ins Gespräch. Die beiden Bilderbuchsoldaten waren sehr offen für eine Diskussion.
Als ich sie fragte ob es ein quasi übergreifendes Motto der Seals gäbe, antworteten sie
„ Es gibt keine schlechten Teams, es gibt nur schlechte Leader“.
Nun – ich musste schmunzeln, denn dieses geklaute Zitat stammt von Napoleon Bonaparte. Viel interessanter war für mich allerdings, was denn dieses Motto für sie konkret bedeutete.
Ob das was sie mir dann erzählten tatsächlich der Realität entspricht weiß ich zwar nicht, es war aber schon extrem authentisch dargestellt.
Die beiden schilderten mir voller Stolz, wie intensiv der Rekrutierungsprozess bei ihnen sei. Wie hart die Ausbildung, wie vielseitig und anspruchsvoll für Körper und Geist. Wer diese Auswahl, diese Ausbildung überstehe, gehöre zu den Besten der Besten. Deshalb könnten Operationen der Seals, dieser Überzeugung oder Philosophie folgend auch nur scheitern, wenn die Teams schlecht geplant, koordiniert oder geführt würden. Diesbezüglich gäbe es auch in aller Regel bei problematischen oder fehlerhaften Einsätzen immer nur Konsequenzen in der Führung bzw. im Stab und nicht in der Mannschaft.
Die Verantwortung des Leaders für den Erfolg, die Sicherheit und Unversehrtheit des Teams sei umfassend und nicht delegierbar.
Ich machte mich etwas lustig darüber, weil ihre Teams sicherlich auch noch erscheinen würden, wenn es eigentlich nicht verantwortbar sei (Einsatz trotz Kopf unter dem Arm 🙂
Daraufhin wurde mir geschildert, dass die verantwortlichen Offiziere ihre Teams innerhalb weniger Minuten für anspruchsvolle Operationen einsatzbereit haben müssten. Sie seien nicht nur für die technische und organisatorische Ausrüstung verantwortlich. Sie müssten auch wissen oder erahnen, ob es einem Teammitglied nicht gut gehe, ob er Probleme in der Familie habe, ob er mit den Gedanken völlig woanders sei. Hier gleichgültig zu sein, solche Dinge nicht zu wissen und zu erkennen, könne die Sicherheit und Effizienz des gesamten Teams gefährden. Deshalb sei es die oberste Aufgabe des Seal Offiziers den Zustand der einzelnen Mitglieder aufmerksam zu registrieren und entsprechend zu berücksichtigen.
In Kombination mit dem o.a Grundstaz war dies für mich ein schönes Beispiel für eine sehr anspruchsvolle Führungsphilosophie. Ich frage regelmäßig in Diskussionen, wer sich zutraut, ein solches Führungsmodell für sich selber anzunehmen? Noch habe ich keinen Kursteilnehmer getroffen der sich in dieser radikalen Konsequenz zu einer solchen Verantwortung bekennen möchte.