Heute Morgen lese ich in der Zeitung, wie zunehmend mehr Menschen unter der Arbeitsbelastung psychisch krank werden und wie extrem die wöchentlichen Arbeitsstunden und die Wochenendarbeit zugenommen haben.
Wenn ich morgens mit extrem guter Laune bei der Arbeit auflaufe, ernte ich verwunderte Blicke. Wie ich diese Sätze, die fast schablonenhaft aus den Mündern sprudeln, hasse.
Wie geht es? Na ja, was soll man sagen, es geht schon, und was soll man klagen es hilft einem ja eh keiner. Kurzes Auflachen – ja man ist verstanden worden, wir gehören alle zu demselben Club?! Wie war der Urlaub? Wagt man zu sagen, so unendlich wunderschön, so viel Zeit für einen selber für den Partner aber viel zu kurz ? Sagt man das als Hochleistungs Workaholic als Effizienzmaschine oder gerät in den Verdacht mit der Frührente zu liebäugeln? Wenn man im Büro einen guten Witz oder eine lustige Begebenheit, die begeisternden Eindrücke eines Konzertes erzählt und lauthals gelacht oder kommentiert wird, schleicht sich das schlechte Gewissen ein? Ist das ein Effizienzverbrechen?
Wie war Dein Wochenende? Oh – endlich hatte ich Zeit mein Konzept fertigzustellen. Man hat ja hier keine Ruhe.
Na wie war die Mittagspause? Na ja – schnell ein Brötchen gegessen dann kann ich in Ruhe die Mails bearbeiten. Der Server ist dann schneller.
Man geht um 15.00 Uhr und grinst verlegen, wenn auf dem Flur gerufen wird, na halber Tag Urlaub? Bei der nächsten Gelegenheit ist man selber in Versuchung eine solch blöde Bemerkung zu verwenden?!
Meinen wir das alles ernst? Unsere Gedanken werden unsere Worte dann unser Verhalten und unser Verhalten wird Maßstab für andere. Wir produzieren ohne Unterlass die eigene Endlosschleife.
Als Leistungsträger wie Atlas in der griechischen Sage, die Welt auf seinen Schultern zu tragen. Gut fühlt sich das doch an, oder? Die Wichtigkeit definiert sich am übervollen Terminkalender an dem dauernden Absagen oder Zuspätkommen bei privaten Anlässen (Richtig wohltuend der Kommentar – deinen Job möchte ich auch nicht haben). Das ununterbrochen summende, klingelnde vibrierende Handy als Zepter der modernen Zeit?
Bei geplanten personellen Weiterentwicklungsmaßnahmen führe ich entsprechende Interviews. Dabei ist es interessant, wie hilflos die meisten Gesprächspartner auf die Frage nach dem Ausgleich zur Arbeit reagieren. Hobby, Ausgleich, ist das eine Fangfrage eines gewieften Personalers? Der will doch sicherlich hören, das man keine anderen Interessen, als die der Arbeit hat, dass man keinen Hobbys mehr frönt, um jederzeit verfügbar zu sein?
Die Unsicherheit wird getoppt mit der ernsthaften Frage, wofür man eigentlich bezahlt wird, was unser vermeintlicher Anspruch als Management an den vor mir sitzenden Menschen oder die von dem Betreffenden selber ist. Auch dort treffen angenommene Erwartungshaltungen und Ehrlichkeit in einen, in der Mimik der Menschen deutlich ablesbaren, Zwiespalt.
Sind gut ausgebildete und motivierte leistungsbereite Menschen dazu da ihren Tag mit einer unendlichen Zahl von Sitzungen und Statusrunden zu verbringen? Sich erklären zu lassen, wie Kennzahlen entstanden sind und wie die als Rechtfertigung oder als Erfolg gegenüber der nächsthöheren Ebene „verkauft“ werden können? Sind die Menschen mit besonderen Fähigkeiten dazu da in einer immer größeren Zahl von Projekten als Mitglieder verschließen zu werden?
Immer mehr Reviews und Auswertungen zu erstellen und diese zu erläutern?
Ist es ok das das wesentlichste Merkmal fähiger Menschen darin mündet, dass sie eigentlich nie da sind?!
Haben diese Menschen Zeit zu denken, zu grübeln, zu konzipieren, zu führen?
Aktionismus und vermeintlicher oder selbst gemachter Dauerstress kostet viel mehr als uns allen bewusst ist. Unsere fähigsten Menschen ertrinken in Bürokratie und unsinnigen Befindlichkeits,- und Interessenkonflikten. Alle leiden vor sich hin, und jeder fühlt sich auch noch irgendwie gut dabei, weil man der Sekte der Selbstausbeuter angehört.
Ich kenne so viele gute Leute, die so unendlich viel tun, die aber nicht das tun, was sie ihrer Meinung nach gerne tun würden und müssten.
Sollten wir nicht einen Augenblick innehalten und überlegen wie wir es verhindern das immer wieder die vielen engagierten, motivierten, fähigen und zielorientierten Menschen unüberlegt zum Kanonenfutter einer irren Entwicklung werden und diese dann am Ende zu Meldungen in den Zeitungen werden?