Bundespräsidentenwahl 1994

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Gerade habe ich unseren aktuellen Bundespräsidenten in einem Interview gehört und musste an mein Erlebnis mit der Bundespräsidentenwahl denken.

1994 war ich als Wahlmann zur anstehenden Bundespräsidentenwahl nominiert.
Im Vorfeld wurde ich an einem späten Nachmittag von einem Beamten aus Berlin angerufen. Wir hatten ein schönes Gespräch miteinander.
Zur Erklärung der nachstehenden Anekdote – ich hatte einen tollen Tag hinter mir und war wirklich gut gelaunt.

Anrufer: „Guten Tag sehr geehrter Herr Bloem. Ich rufe an, weil sie zu der Wahl des Bundespräsidenten benannt worden sind.“
Ich: „Oh toll – habe ich denn dort Chancen gewählt zu werden? Was muss ich dafür tun?“

Schweigen am anderen Ende der Leitung. Der Anrufer etwas distanziert: „Nein, das haben sie falsch verstanden. Sie sind als Wahlmann nominiert und wählen den Bundespräsidenten mit.“
Ich: „Ach soooooo – na dann. Das wird sicher auch lustig.“

Wieder eine kurze Pause am anderen Ende.
Anrufer: „Darf ich Ihnen denn jetzt einige Fragen zu ihren persönlichen Daten stellen?“

Ich: „Natürlich,- legen sie mal los.“

Wir sind dann alle relevanten Daten durchgegangen. Schließlich sagte er:
„Wenn ich das so sehe, sie sind ja noch sehr jung Herr Bloem.“
Daraufhin ich: „Tja ich bin aber nicht nur jung, ich bin auch gutaussehend, charmant wirklich recht helle, das sagen zumindest meine Freunde und bin eine wirklich wirklich gelungene Produktion meiner Eltern.“

Die anschließende Pause wurde beängstigend lang. Erst als ich fragte ob der Anrufer noch in der Leitung wäre wurde dies durch ein hörbares Räuspern bestätigt.
Wir waren mit dem Prozedere so gut wie durch und ich hatte das Gefühl, das mein Telefonpartner froh über das nahende Ende dieses Gespräches war. Ich fragte meinen so ruhig gewordenen Gegenüber. „Und ist denn jetzt alles geklärt?“
„Na ja“, antwortete dieser. „Jetzt wird noch das polizeiliche Führungszeugnis eingeholt und dann steht ihrem Wahlamt nichts mehr im Wege.“

Nach meiner Antwort wird er an dem Tag wohl keinen Kandidaten mehr angerufen haben.

Ich warf mich zurück in den Bürostuhl, sog hörbar die Luft ein und antwortete mit dem Brustton der Überzeugung: „Ach nein – muss das sein? Da habe ich mich so auf diese Wahl gefreut und dann wird das ja jetzt wieder nichts!“

Diesmal folgte keine stille Pause, sondern ein deutlich verunsichertes abgehacktes bedrücktes und sehr verunsichertes Lachen.

Es war ein wirklich schönes Telefonat.
Meine Frau erklärte mich am Abend für verrückt, aber das war ich schon gewohnt.
Es war ein gigantischer Spaß!

Bundespräsidentenwahl 1994

Bundespräsidentenwahl 1994 :-)

Gerade habe ich unseren aktuellen Bundespräsidenten in einem Interview gehört und musste an mein Erlebnis mit der Bundespräsidentenwahl denken.

1994 war ich als Wahlmann zur anstehenden Bundespräsidentenwahl nominiert.
Im Vorfeld wurde ich an einem späten Nachmittag von einem Beamten aus Berlin angerufen. Wir hatten ein schönes Gespräch miteinander.
Zur Erklärung der nachstehenden Story – ich hatte einen tollen Tag hinter mir und war wirklich gut drauf….

Anrufer: Guten Tag sehr geehrter Herr Bloem. Ich rufe an, weil sie zu der Wahl des Bundespräsidenten benannt worden sind. Ich: Oh toll – habe ich denn dort Chancen gewählt zu werden? Was muss ich dafür tun?
Schweigen am anderen Ende der Leitung. Der Anrufer etwas distanziert: Nein, das haben sie falsch verstanden. Sie sind als Wahlmann nominiert und wählen den Bundespräsidenten mit. Ich: Ach soooooo – na dann. Das wird sicher auch lustig.
Wieder eine kurze Pause am anderen Ende.
Anrufer: Darf ich Ihnen denn jetzt einige Fragen zu ihren persönlichen Daten stellen?
Ich: Natürlich,- legen sie mal los.

Wir sind dann alle relevanten Daten durchgegangen. Schließlich sagte er „Wenn ich das so sehe, sie sind ja noch sehr jung Herr Bloem.
Daraufhin ich: Tja ich bin aber nicht nur jung, ich bin auch gutaussehend, charmant wirklich recht helle, das sagen zumindest meine Freunde, und bin eine wirklich wirklich gelungene Produktion meiner Eltern.
Die anschließende Pause wurde beängstigend lang. Erst als ich fragte ob der Anrufer noch in der Leitung wäre wurde dies durch ein hörbares Räuspern bestätigt.
Wir waren mit dem Prozedere so gut wie durch und ich hatte das Gefühl, das mein Telefonpartner froh über das nahende Ende dieses Gespräches war. Ich fragte meinen so ruhig gewordenen Gegenüber. Und ist denn jetzt alles geklärt?
Na ja antwortete dieser, jetzt wird noch das polizeiliche Führungszeugnis eingeholt und dann steht ihrem Wahlamt nichts mehr im Wege.
Nach meiner Antwort wird er an dem Tag wohl keinen Kandidaten mehr angerufen haben.
Ich warf mich zurück in den Bürostuhl, sog hörbar die Luft ein und antwortete mit dem Brustton der Überzeugung: Ach nein – muss das sein? Da habe ich mich so auf diese Wahl gefreut und dann wird das ja jetzt wieder nichts!
Diesmal folgte keine stille Pause, sondern ein deutlich verunsichertes abgehacktes bedrücktes und verunsichertes Lachen.

Es war ein wirklich schönes Telefonat.
Meine Frau erklärte mich am Abend für verrückt, aber das war ich schon gewohnt.
Aber es war ein gigantischer Spaß!

Bundespräsidentenwahl 1994 :-)

Merkmal – Nie da

Heute Morgen lese ich in der Zeitung, wie zunehmend mehr Menschen unter der Arbeitsbelastung psychisch krank werden und wie extrem die wöchentlichen Arbeitsstunden und die Wochenendarbeit zugenommen haben.

Wenn ich morgens mit extrem guter Laune bei der Arbeit auflaufe, ernte ich verwunderte Blicke. Wie ich diese Sätze, die fast schablonenhaft aus den Mündern sprudeln, hasse.
Wie geht es? Na ja, was soll man sagen, es geht schon, und was soll man klagen es hilft einem ja eh keiner. Kurzes Auflachen – ja man ist verstanden worden, wir gehören alle zu demselben Club?! Wie war der Urlaub? Wagt man zu sagen, so unendlich wunderschön, so viel Zeit für einen selber für den Partner aber viel zu kurz ? Sagt man das als Hochleistungs Workaholic als Effizienzmaschine oder gerät in den Verdacht mit der Frührente zu liebäugeln? Wenn man im Büro einen guten Witz oder eine lustige Begebenheit, die begeisternden Eindrücke eines Konzertes erzählt und lauthals gelacht oder kommentiert wird, schleicht sich das schlechte Gewissen ein? Ist das ein Effizienzverbrechen?
Wie war Dein Wochenende? Oh – endlich hatte ich Zeit mein Konzept fertigzustellen. Man hat ja hier keine Ruhe.
Na wie war die Mittagspause? Na ja – schnell ein Brötchen gegessen dann kann ich in Ruhe die Mails bearbeiten. Der Server ist dann schneller.
Man geht um 15.00 Uhr und grinst verlegen, wenn auf dem Flur gerufen wird, na halber Tag Urlaub? Bei der nächsten Gelegenheit ist man selber in Versuchung eine solch blöde Bemerkung zu verwenden?!
Meinen wir das alles ernst? Unsere Gedanken werden unsere Worte dann unser Verhalten und unser Verhalten wird Maßstab für andere. Wir produzieren ohne Unterlass die eigene Endlosschleife.
Als Leistungsträger wie Atlas in der griechischen Sage, die Welt auf seinen Schultern zu tragen. Gut fühlt sich das doch an, oder? Die Wichtigkeit definiert sich am übervollen Terminkalender an dem dauernden Absagen oder Zuspätkommen bei privaten Anlässen (Richtig wohltuend der Kommentar – deinen Job möchte ich auch nicht haben). Das ununterbrochen summende, klingelnde vibrierende Handy als Zepter der modernen Zeit?

Bei geplanten personellen Weiterentwicklungsmaßnahmen führe ich entsprechende Interviews. Dabei ist es interessant, wie hilflos die meisten Gesprächspartner auf die Frage nach dem Ausgleich zur Arbeit reagieren. Hobby, Ausgleich, ist das eine Fangfrage eines gewieften Personalers? Der will doch sicherlich hören, das man keine anderen Interessen, als die der Arbeit hat, dass man keinen Hobbys mehr frönt, um jederzeit verfügbar zu sein?
Die Unsicherheit wird getoppt mit der ernsthaften Frage, wofür man eigentlich bezahlt wird, was unser vermeintlicher Anspruch als Management an den vor mir sitzenden Menschen oder die von dem Betreffenden selber ist. Auch dort treffen angenommene Erwartungshaltungen und Ehrlichkeit in einen, in der Mimik der Menschen deutlich ablesbaren, Zwiespalt.
Sind gut ausgebildete und motivierte leistungsbereite Menschen dazu da ihren Tag mit einer unendlichen Zahl von Sitzungen und Statusrunden zu verbringen? Sich erklären zu lassen, wie Kennzahlen entstanden sind und wie die als Rechtfertigung oder als Erfolg gegenüber der nächsthöheren Ebene „verkauft“ werden können? Sind die Menschen mit besonderen Fähigkeiten dazu da in einer immer größeren Zahl von Projekten als Mitglieder verschließen zu werden?
Immer mehr Reviews und Auswertungen zu erstellen und diese zu erläutern?

Ist es ok das das wesentlichste Merkmal fähiger Menschen darin mündet, dass sie eigentlich nie da sind?!

Haben diese Menschen Zeit zu denken, zu grübeln, zu konzipieren, zu führen?
Aktionismus und vermeintlicher oder selbst gemachter Dauerstress kostet viel mehr als uns allen bewusst ist. Unsere fähigsten Menschen ertrinken in Bürokratie und unsinnigen Befindlichkeits,- und Interessenkonflikten. Alle leiden vor sich hin, und jeder fühlt sich auch noch irgendwie gut dabei, weil man der Sekte der Selbstausbeuter angehört.
Ich kenne so viele gute Leute, die so unendlich viel tun, die aber nicht das tun, was sie ihrer Meinung nach gerne tun würden und müssten.

Sollten wir nicht einen Augenblick innehalten und überlegen wie wir es verhindern das immer wieder die vielen engagierten, motivierten, fähigen und zielorientierten Menschen unüberlegt zum Kanonenfutter einer irren Entwicklung werden und diese dann am Ende zu Meldungen in den Zeitungen werden?

Merkmal – Nie da

Scheinriese vs Scheinzwerg

In der Augsburger Puppenkiste spielte bei Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer der Scheinriese Herr Tur Tur eine Rolle. Bei dem Herrn Tur Tur handelt es sich um einen alten Mann der aus der Entfernung so groß wie ein Leuchtturm ist und der umso näher man kommt, auf eine „Normalgröße“ schrumpft.
Also genau das, was man bei vielen Prominenten auch erleben kann.
Gunter Dueck hat parallel dazu einmal den Begriff der Scheinzwerge geprägt.
Dabei handelt es sich nach seiner Definition um Dinge, die wir als vermeintlich klein wahrnehmen, die aber bei näherer Betrachtung riesig groß sind bzw. sein können.
Aus beiden Betrachtungen können falsche Entscheidungen entstehen.
Notwendige Veränderungen, Aufgaben oder Ziele packen wir nicht an, weil wir sofort alle nur denkbaren Probleme zu erkennen glauben. Die Risiken fallen sofort auf, Unsicherheit macht sich breit. Es wächst die Angst und die Phantasie lässt Herrn Tur Tur (unsere Aufgaben, Ziele, Herausforderungen) immer unüberwindbarer, immer riesiger erscheinen. Diese Wahrnehmung lässt sich, wie bei Jim Knopf und Lukas dem Lokomotivführer, nur durch eine Annäherung an den Scheinriesen verifizieren. Die Entfernung zu Herrn Tur Tur verfälscht eine realistische Einschätzung und verleitet zu falschen Aktionen.
Umgekehrt ist es allerdings genauso. Bei dem Scheinzwerg handelt es sich um Dinge über die man lächelt und als Kleinigkeit einstuft. Auch hier spielt die Entfernung, eine große Rolle. Solche Scheinzwerge sind z.B Baumaßnahmen wie der Berliner Flughafen oder die Elbphilharmonie. Nun sind Flughäfen und Konzertsäle keine so wirklich außergewöhnlichen Projekte – so meint man. Doch dann erweist sich der Zwerg bei näherem Hinschauen doch als Riese. Eine einfache Feuerlöscheinrichtung in einem Flughafen bewirkt, sobald man sie aus der Nähe betrachtet, das eine Riesenwelle an damit zusammenhängenden Problemen losrollt und plötzlich stehen alle Beteiligten fassungslos vor einem Problemgebirge, wo man vormals einen Hügel wähnte.
Bei dem VW-Abgasskandal entwickelt sich ein vermeintlich überschaubarer technischer (Schein) Zwerg zu einem veritablen Riesen. Umso genauer man schaut, umso mehr rückt das vordergründige Problem in den Hintergrund und völlig andere Gefährdungspotentiale hinsichtlich der Gesamtorganisation und der Kontrolle entwickeln sich mit einer großen und nicht zu unterschätzenden Dynamik.
Wenn Zitate fallen wie: „Das ganze Ausmaß können wir nur schwer einschätzen“ ist dies ein deutliches Zeichen für Dueksche Scheinzwerge.
Ganz aktuell lässt sich das an der Flüchtlingsfrage festmachen. „Wir schaffen das, es muss und es wird gehen“ – das hört sich gut an. Für viele engagierte Helfer vor Ort ist es aber bestürzend, wie solche „Scheinzwergsätze“ an der tatsächlichen Realität vorbeigehen. Sie, die Helfer und Fachleute vor Ort erleben die Probleme hautnah und wissen das der vermeintliche Scheinzwerg ein echter Riese ist. Sie brauchen praktische Hilfe und Unterstützung und keine guten Ratschläge die sich aus großer Entfernung so leicht formulieren lassen. Sie schimpfen auf die da in den Regierungszentralen, über die Gelassenheit oder Gleichgültigkeit hinsichtlich der Auswirkunken von vielen politischen Entscheidungen oder aber auch (fast genauso schlimm) Nichtentscheidungen.
Ich persönlich glaube nicht das es böser Wille oder nur Unfähigkeit ist, mit dem wir es zu tun haben. Die Entscheider sind wie viel zu oft in der Politik, in Betrieben, in Behörden und in allen anderen Lebensbereichen nur viel zu weit weg von den Problemen und schätzen die Dimensionen falsch ein.
Eben ein Scheinriesen oder ein Scheinzwergproblem.
Bei den auftauchenden Schwierigkeiten entstehen dann tiefe Irritationen zwischen allen Beteiligten. Lösungen werden stückchenweise angedacht weil der Herr Tur Tur fälschlicherweise von den einen als Scheinriese und von den anderen als Scheinzwerg angesehen wird.
Die einen glauben, das die vermeintliche Dimension wie bei Jim Knopf, alles nur eine Illusion ist und das Ganze sich relativieren wird. Sie halten alles für überschaubar, was für die anderen als unüberwindlich erscheint – je nach Entfernung. Aus diesen verschiedenen Blickwinkeln erscheinen auch die Lösungen den einen als passend, den anderen als lächerliches Stückwerk.

Egal welche Herausforderungen wir vor uns haben, theoretische Lösungen gibt es zuhauf. Doch ob diese tatsächlich taugen sehen wir erst wenn wir unmittelbar bei Herrn Tur Tur sind. Es geht darum nicht zu theoretisieren sondern unmittelbar anzupacken. Dies stellt sicher, das man vor Ort ist und weiß, über was man eigentlich redet.
Weniger Talk Show Auftritte, weniger wohlgesetzte Erklärungen wären schon mal gut. Raus aus dem Elfenbeinturm müssen wir alle und heran an die Aufgaben – erst dann merken wir alle ob Herr Tur Tur ein Scheinriese oder eben ein Scheinzwerg ist.

Ran an die vielen Projekte in den Betrieben zur Verbesserung auf allen Ebenen. Hinein in die Strukturen der Schulen um unser Bildungssystem zu hinterfragen, hinein in den Zentren in denen wir unsere älteren Mitmenschen pflegen oder manchmal leider auch kasernieren. Heran an das DRK und viele andere Organisationen die geflüchteten Menschen helfen. Hinein in die kommunalen Diskussionen zu vielen Themen die uns angehen.

Diese Aufforderung gilt für alle die, die an einer aufrichtigen eigenen an Fakten orientierten Positionierung interessiert sind. Pegida, AfD oder auch ideologisch sonstig verbretterte Mitmenschen von rechts und links, werden weiterhin immer auf Distanz zu Herrn Tur Tur bleiben um weiter unverantwortlich, demagogisch bleiben zu können und nur ja nicht nachdenklich werden zu müssen.

Wie schreibt Gunter Dueck….und da stimme ich ihm voll und ganz zu:

„Ich denke gerade darüber nach, wo es noch weitere unerkannte Scheinzwerge gibt. Der Größte, den ich bisher fand, heißt: „In den Köpfen der anderen muss sich etwas ändern.“

Scheinriese vs Scheinzwerg

Eine kleine wahre Gruselgeschichte

Auf dem Gelände unserer Neptun Werft am Altstandort in Rostock befand sich als Überbleibsel des 2. Weltkrieges ein ansehnlicher Hochbunker.
Dieser graue Betonklotz war imposant und schwer zu knacken. Weil er seiner Beseitung so einen hartnäckigen Widerstand entgegensetze, war er im Laufe der Zeit zu allem Möglichen benutzt worden. 1998 lagerten in dem Monstrum auf mehreren Stockwerken zigtausende von Personal und Krankenakten der vormaligen Poliklinik der Neptun Werft sowie Zeichnungen und Projektunterlagen von Schiffsprojekten.
Vieles mussten wir als Rechtsnachfolger der Neptun Werft weiter archivieren.
Es war eine gruselige Angelegenheit, in diesen muffigen dunklen Räumen voller Ungeziefer zu sichten, was denn tatsächlich noch gesichert werden musste und was wir entsorgen könnten. Nach längeren Hin und Her entschieden wir uns dazu, einen Großteil der Unterlagen aus dem Verlies zu holen und in unser Gefängnis nach Warnemünde zu verbringen (Zu unseren Besitztümern zählte bei dem Kauf der Neptun Industrie, neben einigen Plattenbauten auch tatsächlich ein ehemaliges Gefängnisgebäude in der unmittelbaren Nachbarschaft zur Warnow Werft).
An einem schönen Donnerstag Sommerabend sah ich bei der Heimfahrt nach Papenburg Bauarbeiter mit einem Bagger bei Abbrucharbeiten auf dem Gelände der Werft.

Entgegen meiner üblichen Gewohnheiten fuhr ich schon am späten Sonntagnachmittag wieder zurück, um am Montagmorgen sehr früh Termine wahrnehmen zu können. Die Gedanken an die bevorstehenden Entscheidungen zum Aussuchen bzw. Transport der Akten ließen mich nicht los und so fuhr ich spätabends doch noch an dem Bunker vorbei um einen Blick auf die Regale zu werfen. Nachdem ich die zweiflügelige schwere eiserne Eingangstür aufgeschlossen hatte, reagierte der Lichtschalter im Flur nicht. In merkwürdig muffiger und schwülwarmer Luft ging ich im Halbdunkel weiter und suchte meine kleine Mac Lite, die ich damals immer dabei hatte. Etwas wunderte ich mich über die knisternden und knackenden Geräusche an meinen Füßen und überraschend vieler Mücken in der Luft. Ich war im Halbdunkel ca. 5 Meter in den Flur hineingegangen, hatte die Taschenlampe endlich in der Hand und sah in ihrem Lichtschein vor, neben und über mir „lebenden Beton“. Wie in einem Indiana Jones Film kroch, schlängelte, krabbelte und flog es überall auf dem Boden, an den Wänden und sogar an der Decke. Insekten über Insekten. Erst im Nachhinein erfuhr ich das die von mir beobachteten Bauarbeiter die Strom bzw. Dampfleitung gekappt hatten. Dadurch war in dem Bunker die Belüftung ausgefallen und in dem entstandenen subtropischen Klima im warmen vorderen bzw. oberen Teil der Anlage hatte es eine wahre Explosion dieser Tierchen gegeben. Rückwärts bin ich wieder zur Tür heraus. Dabei trat ich auf viele Insekten. Es hörte sich an, als wenn ich auf Eierschalen treten würde. Ich bin mir sicher das ich draußen kalkweiß ausgesehen habe. Mir wurde eine Gänsehaut nach der anderen beschert. Ich habe mich im Laufschritt zur nächsten Toilette begeben, panisch komplett entkleidet, die Kleider ausgeschüttelt die Haare gekämmt und gewuschelt, um nur ja keines dieser Krabbeltiere als Gast mitzunehmen. In den nächsten Tagen haben wir einen Kammerjäger sein Werk an dem hermetisch abgedichteten Bunker vollbringen lassen. Anschließend sind bedauernswerte Mitarbeiter mit Schutzanzügen in den Bau gegangen, haben einen kleinen Container mit toten Insekten gefüllt, anschließend die Unterlagen gesäubert ebenfalls in Container eingelagert und nach Warnemünde geschafft.
Ich bin bis zum Verkauf des Bunkers kein einziges Mal mehr in dem Schutzbau gewesen. Doch seit der Zeit erinnere ich mich bei Terrarien im Supermarkt, im Zoo, oder auch bei alten Indiana Jones Filmen immer wieder an die Bilder dieses Flurs und auch die Gänsehaut meldet schlagartig wieder Unbehagen.

Eine kleine wahre Gruselgeschichte

Widerspruch durch Zuspitzung?

Manchmal erscheint es fast einfacher durch eine gezielte Zuspitzung Widerspruch zu erzeugen und Selbstheilungskräfte zu wecken.
Erfolgreich setze ich diese Strategie nicht zu oft, aber hin und wieder bei Diskussionen ein. Versuchen sie mal die Akteure in unserem Bildungssystem von Verbesserungen oder Veränderungen zu überzeugen. Sie erleben erstaunliche Widerstandskräfte und viele Erläuterungen warum so viel nicht geht!
Wenn sie sich aber überschwänglich für die enorm vielen außerordentlichen jungen Leute bedanken, die von unserem Bildungssystem an die Betriebe gegeben werden, wenn sie von der großen Selbständigkeit, der vorbildhaften Sebstmotivation, der Teamfähigkeit, von dem Wissen um Prozesse und Lernprozesse sowie der ausgeprägten Reflexionsfähigkeit schwärmen, spätestens dann ernten sie nicht nur Kopfschütteln. Die Anwesenden werden zuerst einmal fragen was um Gottes willen sie für Medikamente nehmen und von welchem Bildungssystem sie reden.
Und schwupp – sind sie in einer Debatte, die sie sich gewünscht haben.

Ähnlich ergeht es Ihnen mit Führungskräften.
Kennen Sie auch die müden Augen, wenn sie schon wieder über ein ideales Führungsleitbild referieren? Versuchen sie es doch einmal umgekehrt mit folgenden 10.Regeln für Führungskräfte.

Liebe Führungskräfte. Lasst euch nicht durch unzählige Ratgeber verunsichern. Haltet auch an folgende Regeln und ihr werdet sehen, dass der Job wieder Spaß macht:

1. Leistung durch Druck
Erzeugen sie einen ständig wachsenden Leistungsdruck. Lassen sie sich nicht durch Hinweise auf zu wenig Kapazität, Überforderung oder ähnliche Ausreden ein. Das verwirrt sie nur. Mitarbeiter brauchen Verlässlichkeit in einer komplexen Welt. Sie sind der Fels in der Brandung, sie sind für ihre Mitarbeiter verlässlich, indem sie beständig den Kessel auf Hoch, – bzw. Überdruck halten.

2. Widerspruch
Modern ist es heute, wenn kritische Mitarbeiter gefordert werden die auch widersprechen sollen. Lassen sie solche Quertreibereien erst gar nicht zu. Dulden sie keinen Widerspruch. Die Mitarbeiter wollen (siehe Pkt. 1) Sicherheit und Verlässlichkeit. Machen sie den „Erdogan“, indem sie grundsätzlich immer recht haben. Das erzeugt Glück und Sicherheit. Widerspruch untergräbt ihre Autorität und macht sie und die Mitarbeiter unglücklich.

3. Verantwortung
Modern soll es auch sein Verantwortung zu übertragen. Lassen sie sich nicht irritieren. Sie tun der Gesundheit der Menschen einen Gefallen wenn sie das tunlichst vermeiden. Mitarbeiter können nicht mit Verantwortung umgehen. Sie leiden darunter. Burnout ist eine Folge dieser verfehlten Führungspolitik. Mitarbeiter fühlen sich gut, wenn sie wissen, dass sie zu ihnen als Führungskraft aufsehen dürfen und sie für ihre Mitarbeiter alles entscheiden.
4. Lob und Anerkennung
Loben sie bitte nicht. Dies führt in Folge nur zu Frustration und Demotivation. Wenn sie loben erwarten die Mitarbeiter etwas. Dies führt bei ihnen als Führungskraft zu Verärgerung, das merken dann wiederum die Mitarbeiter und damit geht es beiden schlechter. Deshalb lassen sie das loben. Bleiben sie cool und gleichgültig – so mögen es die Mitarbeiter und sie sind authentisch. Auch bei der Anerkennung oder Neudeutsch „Wertschätzung“ sollten sie extrem vorsichtig sein. Zu viel Gefühlsduselei macht Mitarbeiter überheblich und faul.

5. Information
Die Menschen werden heute mit so vielen Informationen überschwemmt. Tragen sie nicht dazu bei. Warum Entscheidungen durch sie als Führungskraft getroffen wurden, oder welche das sind, das geht Mitarbeiter doch gar nichts an. Sie werden durch dieses Wissen doch nur verunsichert?! Mit ihrem Partner müssen sie sicherlich offen kommunizieren, so etwas braucht es im Arbeitsleben aber nicht.

6. Versprechen
Machen sie durchaus Zusagen. Sie stellen ihre Position und Macht damit unter Beweis, dass sie diese Versprechen nicht einhalten müssen. Es gibt kaum eine bessere Präsentation ihrer Stärke. Die Mitarbeiter strengen sich dann noch mehr an weil sie versuchen werden das die nächsten Zusagen eingehalten werden. Nicht eingehaltene Zusagen sind ein wichtiges Führungsinstrument!

7. Militärisch laut
Haben sie schon einmal erlebt das im Militär mit ruhiger Stimme überzeugt wird? Denken sie mal an ihren Grundwehrdienst. Die besten Einheiten funktionieren, wenn sie zusammengeschrien werden. Das freut die Mitarbeiter und ist spannend. Wenn ein Mitarbeiter Fehler macht, dann müssen sie laut werden. Nur so sieht und hört die ganze Umgebung ihre Autorität und Konsequenz. Mit einem solchen Verhalten werden sie Wiederholungen eines solchen Fehlers garantiert vermeiden!

8. Einfach bleibt einfach.
Glauben sie nicht an das Märchen des lebenslang lernenden Mitarbeiters. Das ist ein Irrglaube und kostet nur Geld und Gesundheit. Schicken sie Mitarbeiter nur auf spezielle Seminare für ihr eigenes Aufgabengebiet, dann kommen diese auch nicht auf dumme Gedanken, sich woanders zu bewerben. Sie vermeiden auch Unzufriedenheit, wenn sie ihre Mitarbeiter daran hindern, ständig an sich zu arbeiten. Dies führt zu der Erwartungshaltung bei den Mitarbeitern selber beeinflussen zu können, was aus einem wird und dies muss quasi automatisch zu Frustration führen. Also reduzieren sie die Möglichkeiten zu Qualifikationen auf ein Minimum.

9. Schlechtes Betriebsklima kommt nicht von ihnen!
Für miese Stimmung sind ausschließlich die Mitarbeiter, der Betriebsrat oder ggf. die „da oben“ schuld. Nicht sie. Lassen sie keinen Zweifel aufkommen, sie machen alles richtig!

10. Erwarten sie Demut und Dankbarkeit
Sie sollten den Mitarbeitern jeden Tag sagen das sie doch froh und glücklich sein können bei ihnen und unter ihrem Kommando arbeiten zu dürfen. Ihre Mitarbeiter sind ihnen durch ihr vorbildliches Verhalten als Führungskraft zu Dank verpflichtet. Sie machen alles richtig und dies zeigen sie auch.

Mit diesem Ratgeber sollten sie es schaffen – oder?

Fazit: Ein solches Buch mit derlei Ratschlägen gibt es offiziell zwar nicht. Irgendwie scheinen aber enorm viele heimliche Ratgeber am Werk zu sein, die genau diese Tipps weitergeben.
Das Lachen über diese ironischen Tips bleiben im Halse stecken, wenn man sich vergegenwärtigt in wie vielen Betrieben dies eine realistische Sachstandbeschreibung der gegenwärtigen Realität ist.

Widerspruch durch Zuspitzung?

Du bist nicht mehr derselbe?

Am Wochenende sagte mir ein alter politischer Bekannter (durchaus kritisch) . Du bist nicht mehr derselbe.
Was meinte er damit? Weiß er, was mein Ich eigentlich ist, wie es sich zusammensetzt?
Du bist nicht mehr derselbe, dieser Satz berührt und beschäftigt, kann manchmal sogar kränken. Mich beschäftigt dabei nicht so sehr die Bemerkung an sich, sondern die daraus folgenden Gedanken und Gefühle, die eine solche Aussage verursacht.
Beschreibt diese Feststellung, nicht mehr derselbe zu sein, nicht eine unumstößliche Tatsache? Wir durchlaufen als Menschen eine ganze Reihe von Veränderungen. Wir gewinnen Erfahrung und Erkenntnisse, die unsere Sicht auf die Dinge verändern und neu justieren. Wir ändern unsere Wünsche, Vorstellungen, unsere Wahrnehmung ändert sich. Unser Körper ändert sich ununterbrochen (nicht immer zu unserer Freude). Die Biologen gehen davon aus das wir alle 7 Jahre fast alle Zellen unseres Körpers erneuert haben. Sind wir danach noch dieselben?
Wir sind dann zwar offenbar noch die Gleichen aber nicht mehr dieselben – oder?
Gibt es überhaupt etwas an uns das gleich bleibt?

Theseus war ein seefahrender Held der griechischen Mythologie. Mit seiner Mannschaft und seinem Schiff überstand er viele Stürme. Doch mit der Zeit mussten immer wieder Planken seines Schiffes erneuert werden. Über Jahre hinweg werden alle „alten“ Bauteile durch neue ersetzt. Ist es jetzt noch dasselbe Schiff des Abenteurers? Und was würde passieren, wenn die Werft komplett aus den alten Bauteilen ein Schiff bauen würde. Was ist dann das Original?
Diese philosophische Frage des Philosophen Plutarch gilt für uns Menschen umso mehr. Wenn wir also nach 7 Jahren aus komplett anderem Zellmaterial bestehen, wenn unser Geist unser Charakter, die Wünsche und Wahrnehmungen andere sind, was bedeutet dies für unsere Identität? Früher waren wir draufgängerisch, unbeschwert, heute machen wir uns Sorgen und achten auf unsere Ängste. Sind wir also noch dieselben?

Wer bin ich? Welche meiner Wünsche, Meinungen Ansichten Gefühle sind bestimmend für mein Ich? Wann mache ich mir selber etwas vor? Gibt es ein unveränderliches Ich hinter den sich anpassenden Rollen, die ich im Beruf, vor Freunden, Familienangehörigen spiele?

„Gnothi seautun“ (Erkenne Dich selbst). Dieser Satz soll an den Säulen des berühmten Apollon Tempels in Delphi gestanden haben. Sokrates hat sich immer wieder darauf berufen. Doch was ist unser Ich, woraus besteht es?

Damit der Blogg nicht unendlich lang wird 🙂 ende ich hier um mich weiter mit diesen Gedankensplittern zu beschäftigen. Unser Ich ist ein faszinierendes Gebilde. Es hat keinen festen Platz. Besteht es im Wesentlichen aus Erinnerungen, mit denen wir Vergangenheit Gegenwart und Zukunft für uns handhabbar machen?
Darüber lohnt es sich nachzudenken. Insofern könnte man jetzt zu der Überzeugung gelangen, das man auf den Satz: „Du bist nicht mehr derselbe“ antwortet, na Gott sei Dank! Das wäre ja auch bedenklich?!

Du bist nicht mehr derselbe?