In der Psychiatrie wird mit dem Begriff Illusion eine Sinnestäuschung verstanden. In den Fällen, in denen zwar etwas reales wahrgenommen, dies dann aber anders erlebt oder für etwas anderes gehalten wird, spricht man von „illusionärer Verkennung“.
Diese Symptome stellt man zunehmend bei verschiedenen Politikern fest, die sich fast überschlagen in ihrem Bemühen die Wirtschaft zu bändigen und zu fesseln.
Die Betriebe werden durch Dokumentationspflichten (das neue Wort für Bürokratie), einer Flut von Gesetzen, Verordnungen und Abgaben belastet. Dies alles mit dem Ziel, weitere „Wohltaten“ verteilen zu können. Das vor dem Verteilen und ausgeben zuerst einmal das Erwirtschaften steht, wird schnell übersehen.
Eine im internationalen Vergleich sinkende Produktivität, mangelnde Investitionen und überbordende Sozialleistungen werden kaum als sehr besorgniserregende Probleme wahrgenommen. Die Investitionsquote in den Unternehmen sinkt trotz einmalig günstiger Zinsen beständig und macht nur noch einen Bruchteil von ehemals beeindruckenden Zahlen aus. Der Produktivitätsfortschritt ist seit Jahren zu gering, um alle sonstigen negativen Entwicklungen auszugleichen.
Doch es wird politisch kaum versucht, diesen alarmierenden Entwicklungen lösungsorientiert nachzugehen. Die Antworten könnten ja unangenehm sein und zum unpopulären Umdenken Anlass geben?
Der Bundeshaushalt für das Jahr 2015 war mit 299 Milliarden Euro veranschlagt.
Dabei verbucht alleine das Arbeitsministerium von Frau Nahles 125 Milliarden Euro. Das ist der Löwenanteil an Steuergeldern. Das entspräche, wenn ich richtig informiert bin, dem Gesamthaushalt (!!!) der Bundesrepublik aus den Jahren 1985/86.
Schaut man sich hingegen die Investitionen in Infrastruktur oder in Zukunftsprojekte an, der im internationalen Vergleich unterentwickelten Unterstützung von Forschung und Entwicklung ist dies schon bedrückend. Man könnte den Eindruck bekommen, das wir die Quelle ewig sprudelnden Wohlstandes gefunden haben und alles so bleiben kann wie es ist.
Die Dynamik von Entwicklungen bei den großen mit uns konkurrierenden Wirtschaften, die rasante technologische Vorwärtsbewegung in den USA (Silicon Valley) oder die gigantischen Ingenieurzahlen in den asiatischen Staaten sollten eigentlich Sorgen bereiten. Gerade unser Land ist wirtschaftlich elementar auf von uns forcierte, angeführte Innovationen und wissenschaftliche Revolutionen angewiesen. Doch leider beeindrucken wir hierbei oftmals nur noch durch Skepsis bis Ablehnung. Schon lange sind wir nicht mehr auf den meisten Feldern die Vordenker und Vorreiter. Eine Katastrophe für ein Land wie das unsrige.
Auch die aktuelle Abschwächung der wirtschaftlichen Entwicklung in China verheißt uns nichts Gutes. In der Folge wird unsere auf Export ausgerichtete Wirtschaft durch wegbrechende Absatzmärkte erhebliche Probleme bekommen und der Druck dieser Länder auf unsere Märkte bzw. Produkte wird extrem zunehmen.
Bei uns wird hingegen in wechselnder Folge die Republik mit Streiks auf der Schiene oder im Luftverkehr stillgelegt, die Kunden treibt man zu konkurrierenden ausländischen Gesellschaften und quittiert dies mit einem Achselzucken. Wir stellen fest das wir eine demographische Herausforderung und einen zunehmend dramatischeren Facharbeitermangel haben und antworten mit früherem Renteneintritt.
Diese paradoxen Verhaltensweisen ließen sich beliebig weiterführen und führen zu der Frage, ob dies noch verantwortlich ist?
Tatsächlich leben wir in einer Scheinwelt und profitieren von vorübergehenden günstigen Rahmenbedingungen. Wir verdanken unsere derzeit komfortable Situation leider fast ausschließlich einigen „Glücksfällen“. Die Zinsen sind absurd gering, dies treibt die Inlandsnachfrage in die Höhe und diese kompensiert die ersten Anzeichen von Problemen in der Exportwirtschaft. Darüber hinaus profitieren wir von extrem günstigen Energiepreisen. Jede Veränderung an dieser Ausgangslage (und diese zeichnen sich dramatisch ab) wird uns sehr unsanft aus diesem gemütlichen Kuschelbett zerren.
Ich hatte es in vorhergehenden Beiträgen schon ausgeführt. Wir bereiten uns auf die bevorstehenden Änderungen kaum vor.
Um in der maritimen Sprache zu bleiben, – wir machen angesichts des sich abzeichnenden Sturmes unser Schiff in derzeit wirtschaftlich noch ruhiger See nicht sturmfest, sondern verteilen und organisieren die Sonnenliegen am Pool.
Wir leiden an einer ausgeprägten Problemblindheit.
Der Sturm wird kommen und wir alle, aber vor allem die nachkommenden Generationen, werden die Konsequenzen dieses zu kurz gegriffenen Denkens und Handelns erleiden.
Begonnen habe ich diesen Beitrag mit einem Ausflug in die Psychologie und damit möchte auch enden. Das subjektive Problemempfinden nimmt mit objektiver Problemarmut nicht ab. Wer wenige oder kaum wirkliche Probleme hat, neigt dazu kleine Probleme aufzubauschen. Man verkrallt sich in, für die Zukunft unbedeutenden Kleinigkeiten und übersieht geflissentlich die für unsere Zukunftsfähigkeit wirklich bedeutsamen Aufgaben und Problemstellungen. Dies ist Problemblindheit.