Wenns dem Esel zu gut geht ….

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Wenn es dem Esel zu wohl wird, geht er aufs Eis (tanzen)
Eine alte Redensart“

Eine Diskussion mit zwei Menschen die ich eigentlich recht gut zu kennen glaubte, stellt mich vor ein Rätsel.
Ich kenne beide noch aus Zeiten, in denen in unserer Region die Arbeitslosenzahlen in schwindelerregenden Höhen waren.
Aus einer Zeit, in der Kinder kaum eine Chance für eine erfolgreiche Zukunft in unserer Heimat hatten.

Heute besitzen beide ein schmuckes Einfamilienhaus und fahren Audi A4 bzw. einen SUV von Volkswagen.  Jedes Jahr, so erzählen sie stolz nach dem ersten Small Talk über´s Wetter, ist Österreich bzw. Südtirol das bevorzugte Urlaubsziel.
Die Kinder studieren bzw. haben sichere Arbeitsstellen.

Und kaum taucht das Thema Politik auf, verwandeln sich meine vormaligen Kollegen in wandelnde Zombies die ich kaum wiedererkennen kann.
Von vorheriger Zufriedenheit keine Spur mehr. Sie schimpfen und zetern was das Zeug hält. Über dieses Land, über die Politiker, die Medien und überhaupt war früher alles besser …….
Schließlich und endlich outen sie sich als AfD Anhänger und sogar Wähler.

Es kommt wahrhaftig nicht oft bei mir vor, aber ich war angesichts dieser unfassbaren Verwandlung doch etwas sprachlos.

In bester Alice Weidel, Gauland, Höcke Manier, schwappt mir ein krudes Geschwafel von Migranten die unser Volk untergraben entgegen.
Von mir aufgezählte Fakten perlen ab wie an einer Teflon Pfanne.
Aus so einem Holz müssen die Wähler und Anhänger von Donald Trump sein, denke ich fast resignierend. Richtig mulmig wird es mir, angesichts des fast religiösen Eiferns meiner Gegenüber. Ich stelle mir gerade vor, die AfD hätte statt ihres jetzigen Personals einen begnadeten Rhetoriker an ihrer Spitze stehen?

Schon jetzt angefüllt mit hasserfüllter Sprache, wie schnell würde aus zufriedenen Familienvätern eine aufgepeitschte, brüllende und gewalttätige Horde?

Meine Hinweise, dass für die Zukunft doch Themen wie die Wirtschaft in einer sich unglaublich verändernden Welt, Rente, Sozialwesen, Bildung und Umwelt enorm wichtig wären und die AfD darauf doch keine ernstzunehmende Antwort hat?
Erschreckende Gleichgültigkeit!
Und als ob es nicht schon absurd genug wäre, offen wird Bewunderung für starke Typen wie Trump und Putin geäußert. So einen müssten wir in Deutschland auch haben?

Mein Schock mag auch deshalb so tief sein, weil diese beiden Kollegen vor vielen Jahren tatsächlich überzeugte Sozialdemokraten und Gewerkschafter waren.

Es war eine wirklich abscheuliche Diskussion mit zwei Menschen, denen es wirtschaftlich und persönlich prächtig geht und die keine Not leiden. Die aber offenbar gerade deswegen in bodenlosem Leichtsinn den Grund für dieses Wohlergehen leichtfertig aufs Spiel setzen.
Ich habe immer an den Satz von Bill Clinton geglaubt, den er seinem Wahlkampfteam an die Tür geklebt hatte….. „It’s the economy, stupid“ – es ist das Wohlergehen der Menschen durch eine starke und stabile Wirtschaft, die uns Wahlen gewinnen oder verlieren lässt!

Mittlerweile bin ich mir nicht mehr sicher ob dieser Slogan für unser saturiertes Land noch seine Gültigkeit hat. Wer den Osten unseres Landes aus der DDR Zeit kennt und heute sieht, was dort in den letzten Jahrzehnten gemeinsam geschaffen wurde, kann das Wahlverhalten vieler Ostdeutscher nicht begreifen!
Auch dort toben auf den Straßen viele wuterfüllte Bürger denen es so gut geht wie meinen beiden ehemaligen Kollegen.

Der beste Staat den wir Deutschen in unserer Geschichte jemals hatten (zugegeben mit einer Menge an Reparatur und Verbesserungsbedarf), ein Gemeinwesen dass uns einen vorher nie gekannten Wohlstand und einen jahrzehntelangen Frieden gebracht hat, wird durch rechtsradikales politisches experimentieren mit der AfD  leichtfertig aufs Spiel gesetzt?

Wie schon gesagt……

Wenn es dem Esel zu wohl ist geht er aufs Eis (tanzen)

Wenns dem Esel zu gut geht ….

Bleibt nur der Hass?

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Nach der Sichtung vieler Kommentare ………

Ich mag gar nicht darüber nachdenken wie sich die Familie des getöteten Jungen aus Frankfurt fühlt. Eine Woche ist seit der entsetzlichen Tat vergangen.
Doch nicht Mitgefühl ist das prägende Merkmal im Umgang mit dieser grauenvollen Tragödie.

Schaut man sich die Kommentarspalten im Internet an, wuchern gärender Hass und immer neu angefachte blinde Wut über den Täter aus Afrika. Sie fressen sich über die sozialen Medien in viele Seelen. Unversöhnlich stehen sich Gruppen einer zunehmend zersplitterten Gesellschaft gegenüber.

Diejenigen die schöngeistig die harten Herausforderungen der Migration für die Gesellschaft nicht anerkennen wollen. Die die Sorgen und Ängste der Menschen in unserem Land nicht akzeptieren mögen.
Die bei Problemen mit Migranten regelmäßig den Weichzeichner anwenden.
Für die alle anderen viel zu schnell Nazis sind.
Ihnen gegenüber stehen jene, denen die Sicherungen regelmäßig durchbrennen wenn fremde Menschen schlimme Taten begehen.
Die in ihrer Rage kaum mehr klar denken können. Die ihren unbändigen Hass und ihre Wut auf andere Menschen in rechten „Echokammern“ immer wieder aufladen und kein Interesse an einem Miteinander haben.

Die Opfer (sowohl der kleine Junge, seine Mutter wie auch die Familie des Täters) spielen bei diesen ekligen Auseinandersetzungen keine Rolle mehr. Sie dienen lediglich als Mittel zum Zweck.

Wo bleibt die Möglichkeit zur Andacht?
Wo ist der Raum um Stille und Trauer die notwendige Zeit zu geben?
Wo bleibt die Verantwortung, die Ethik, das Gewissen und die Nachdenklichkeit wenn man hört, dass die kleinen Kinder des Täters mit dem Tod bedroht und jetzt geschützt werden müssen?

Stattdessen Lärm und erbarmungslose Nutzung menschlichen Leids für die jeweiligen Positionen. Die Kommentare der so unendlich wütenden, hasserfüllten Menschen auf Facebook, Twitter und co. bilden Gott sei Dank noch nicht die Mehrheit, sondern nur eine laute Minderheit der Menschen ab.
Und doch glauben die aktiven „Hassmeister“ alles sagen, allen Unrat hervorbrechen zu dürfen. Über Abendländische Werte wird schwadroniert und doch werden diese im gleichen Augenblick (wenn es gerade passt) mit Füßen getreten.

Viele dieser giftigen Wortschwaden von links und rechts dringen in die Realität unseres Lebens und könnten uns alle auf Dauer vergiften.
Die Verschiebung des „Sagbaren“, die Unwilligkeit Kompromisse mit andersdenkenden zu versuchen ist wie unter einem Brennglas beobachtbar.
In einer fiebrigen Zeit verstärkt sich die „dunkle Macht“ durch die sozialen Medien wie durch einen Brandbeschleuniger.
Politisch motivierte Vermutungen, Vorwürfe und gezielte Lügen, – alles wird von links und rechts vermischt zu einer giftigen übelriechenden Suppe.

Einfach nur ekelerregend! Was tun wir dagegen?

Am Ende der Diskussion die mich zu diesen Zeilen veranlassten stellten sich für mich einige Fragen die jeder für sich beantworten müsste?

Was bleibt – einige Tage nach dem Tod des kleinen Jungen?
Zuerst einmal eine Mutter deren unsägliches Leid zu oft vergessen wird.
Eine ekelerregende Flutwelle zutiefst unchristlichen Verhaltens (Hass, Wut, Gewalt, Rachegedanken).
Eine Familie in der Schweiz die ihren Vater verloren hat.
Und eine Gesellschaft die in Gefahr ist ihre Balance und Souveränität zu verlieren?

Bleibt nur der Hass?

Nicht mit uns?

Ist dies wirklich ein kluger Schachzug?

Schnell und eindeutig wurde unsere Position verkündet. Ungewohnt viel innenpolitische Zustimmung und Beifall gab es für die Entscheidung, dass Deutschland sich nicht an einer militärischen Sicherung des Handelsweges am Horn von Hormus beteiligen werde. Es wird auf eine europäische Initiative verwiesen, die momentan doch extrem unwahrscheinlich zu sein scheint.
Was ist passiert? Iran ist ohne Zweifel ein aggressiver, unfreier, diktatorischer Islamistenstaat, der Terrorismus in anderen Ländern fördert. Diesen gefährlichen Staat zu kontrollieren war ein Ziel des Atomabkommens. Das hat der amerikanische Präsident leider nie verstanden.
Dieser Iran ist ohne Zweifel dabei am Horn von Hormus einen extrem wichtigen globalen Handelsweg mit tatsächlicher und angedrohter Gewalt abzuschnüren. \
Und wir machen aufgrund unserer Aversion gegen den rüpeligen halbstarken amerikanischen Präsidenten im Moment mehrere schwerwiegende Fehler. Wir handeln emotional und nicht klug abwägend.

  1. In einer Welt, die sich massiv verändert, sollten wir erkennen, dass unser Wohlstand kein Naturgesetz ist. Wir verdanken unseren Erfolg einer flexiblen Anpassung an neue Gegebenheiten und dem freien Handel.
  2. Mit der Verweigerung einer militärischen Unterstützung zur Freihaltung der Seewege am Kap von Hormus sind wir wieder einmal isoliert in Europa. Unsere typisch deutschen Debatten werden in unserer Nachbarschaft nur noch mit Augenrollen wahrgenommen. Tragen wir durch unsere fortwährenden Sonderwege vielleicht mit dazu bei dass Europa gespaltener wird?
  3. Schenken wir Trump vielleicht wieder ein Argument in seinem Furor gegen Deutschland? Das wirtschaftlich stärkste Land in Europa möchte wieder einmal andere für sich machen lassen?
  4. Kann es sein, dass wir so naiv sind zu glauben, dass unsere Verweigerung zur Sicherung der Seestraßen und den Iran in die Schranken zu weisen dort zu Respekt uns gegenüber führen wird?
  5. Verlieren wir dadurch vielleicht die letzten Möglichkeiten überhaupt noch als starker, selbstbewusster, anerkannter und respektierter Vermittler eine Eskalation verhindern zu können?

Keinem einigermaßen klar denkendem Menschen kann an einer Eskalation am Golf gelegen sein. Deshalb wäre eine geschlossene europäische Intervention zur Sicherung der Handelswege wesentlich besser gewesen als ein direktes Aufeinandertreffen der Amerikaner und Iraner.

Nicht mit uns?