Nichts steht dem Verfall so nahe wie die Blüte.Und so wie in der Natur, so ist es auch in der Wirtschaft.
Brutal erwischte das Corona Virus ein tiefenentspanntes Europa.Die jetzt schon erkennbaren Folgen, die medizinischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Kosten der Coronakrise werden wahrscheinlich alptraumhaft.
Dagegen werden sich die Auswirkungen der Finanzkrise 2008 wie Peanuts ausnehmen.
Ob es zu einer sehr langen ökonomischen Eiszeit kommt? Vieles spricht dafür. Doch Gewissheit hat wohl nur, wer eine funktionierende Weissager Glaskugel besitzt,
Wir stehen gruselnd vor einer gigantischen Nebelwand in der sich viele Fragen und Probleme verbergen.
- Dieses Virus ist neu.
- Wir kennen es kaum.
- Wir wissen nicht, wie es sich weiter verhalten wird.
- Wir wissen nicht wie sich die Krankheit bei uns ausbreiten wird.
- Wir können nur erahnen, welche Maßnahmen die betroffenen Länder um uns herum noch ergreifen werden.
- Wir wissen auch nicht, was diese Zeit mit uns allen, der Gesellschaft, der Politik und der Wirtschaft machen wird.
Neben dem prognostizierten wirtschaftlichen Crash, wäre es natürlich auch denkbar, dass die Pandemie in wenigen Wochen abgeklungen sein wird. Das der Sommer eine Aufholjagd zurückgestellter Geschäfte und Arbeit würde.
Statt Krise käme es zu Aufschwung?
Sind wir alle bald am „Arsch“ (Entschuldigung für diesen Begriff) oder schauen wir demnächst belustigt auf unsere heutige Angst?
WIR WISSEN ES EINFACH NICHT!
Mit ziemlicher Sicherheit werden wir uns zwischen diesen beiden Extremen wiederfinden. Auch schon schlimm genug.
Eine Prognose gefällig?
Es wird uns massiv treffen. Ganze Märkte brechen jetzt schon zusammen. Viele Betriebe sind heute schon am Limit. Und das ist erst der Anfang.
Die Ausgangsbedingungen sind gegenüber 2008 um ein vielfaches schlechter:
- Das Vernichtungspotenzial der Corona Krise ist um ein zigfaches höher.
- Die weltweiten Schulden sind beträchtlich größer als bei der Finanzkrise 2008.
- Die Notenbanken haben kaum noch Spielräume. Die Zinsen sind ja schon bei null.
- Wir haben uns alle zu lange in großer Sicherheit gewähnt und haben unserer Hausaufgaben nicht gut genug gemacht (Digitalisierung; Flexibilisierung; Qualifizierung; Bildung).
- Die Nationen arbeiten nicht mehr zusammen. Es herrscht ein ausgeprägter Geist des gegeneinander (Nationalismus und Protektionismus)
Es gibt in der Natur einen interessanten Effekt.
Es nennt sich Hysterese.
Setzt man ein Metallstück für längere Zeit einem Magnetfeld aus, bleibt dieses Stück Eisen auch magnetisch, wenn der Einfluss verschwunden ist.
Materie scheint ein Art von Gedächtnis zu haben. Es hat sich durch einen solchen Einfluss verändert und kehrt nach einem solchen Schockerlebnis nicht wieder in den Ursprung zurück.
Was hat das nun mit unserer Situation heute zu tun?
Die Erlebnisse der letzten Wochen erscheinen uns fast unglaublich. Ein Horror der sich vor unseren Augen entwickelt. Viele wünschen sich möglichst schnell die alte „Normalität“ zurück.
Doch dies wird aller Voraussicht nach nicht geschehen. Vieles wird nach den Schrecken dieser Monate völlig anders sein als zuvor. Und dies für eine sehr sehr lange Zeit.
Wir werden nicht wieder in das bisherige alte Gleichgewicht zurückkehren.
Die Erfahrung der letzten Krisen zeigen, dass auch dann, wenn die Wirtschaft wieder in Schwung kommt, es keine Rückkehr auf den vorherigen Stand gibt. Geschäftsfelder werden kritischer überprüft. Die Neueinstellungen entsprechen nicht den vorherigen Kündigungen. Die Kapazitäten und die Qualifikationsanforderungen an die Belegschaften werden differenziert und skeptischer in Augenschein genommen. Während der Erholung erinnern sich Menschen und Strukturen kritisch an die Erlebnisse in der Krise.
Wirtschaftliche und soziale Hysterese eben.
Wir werden nach der Corona Krise eine völlig veränderte wirtschaftliche Welt vorfinden.
Bei der Finanzkrise 2008 hat man erschrocken festgestellt, welche Fehlentwicklungen im Finanzsektor entstanden waren. Nach der Rettung der Banken durch die Gesellschaften gab es viele Veränderungen, die man vorher für unmöglich gehalten hätte. Gesetzliche Regulationen (die vorher unvorstellbar waren) wurden beschlossen.
Jetzt steht die reale Wirtschaft im Feuer. Und plötzlich zeigt sich, wie verletzlich auch die produzierende Industrie letztendlich ist.
Das durch den öffentlichen verordneten Stillstand des Landes viele Betriebe die vom Inlandskonsum leben, schnell in existenzielle Probleme kommen würden, war nicht verwunderlich. Kaum einer hätte sich auf so ein Ereignis vorbereiten können.
Doch schon als der Virus nur in China tobte, war es irritierend wie viele Liefer,- und Wertschöpfungsketten abrupt zusammenbrachen.
Wenn wir nach dieser Krise die Trümmer unserer Wirtschaft aufräumen müssen, dann gilt es Lehren aus der aktuellen Zeit zu ziehen.
Wir werden nach Corona die produzierende Realwirtschaft aufwändig stabilisieren, festigen und entlasten müssen.
Viele Familienunternehmen werden alle Hände voll zu tun haben um ihre Betriebe zu erhalten oder neu aufzubauen.
Die Realwirtschaft ist kein zu belächelndes Relikt aus einer alten Weltordnung, sondern, oft genug vergessen, die Basis unseres gemeinsamen Wohlstandes. Eine reine Dienstleistungsgesellschaft wird dies nie leisten können.
Und es gibt für diese reale Wirtschaft zeitlose Grundsätze, die manchmal als altmodisch belächelt werden, aber neu entdeckt werden sollten.
Wer sich z.B in unserem Land schnell und nachhaltig unbeliebt machen will, der bekennt sich zur Notwendigkeit von Gewinnen.
Wer schnell in bestimmte Schubläden geraten will, der bekennt sich zur Notwendigkeit von Vorsorge und der Bildung von sogenannten unternehmerischen „Kriegskassen“.
Die Tugenden des guten Kaufmanns wurden belächelt.
An den Börsen und in den Medien wurde denjenigen applaudiert, die ganz hart am Wind segelten und keinerlei Finanzmittel brachliegen hatten. Überschüssiges Geld wurde nicht für schlechte Zeiten zur Seite gelegt. Es gehörte ausgeschüttet!
Es wurde für alles mögliche verwendet. Tantiemen, Prämien und Boni.
Für schlechte Zeiten oder für Zukunftsinvestitionen blieb zu oft zu wenig übrig.
Heute kann man diese Börsenlieblinge bei den Bettelgängen zu den Regierungen beobachten.
Wir sollten uns aufgrund der fragilen Lieferketten und der ausgehungerten Lagerhaltungen fragen, ob die Auswüchse der „Lean production“ die aktuellen Probleme rechtfertigen.
Sind wir bereit so hohe Abhängigkeiten in unserer Industrie oder bei der Herstellung lebensnotwendiger Medikamente zu akzeptieren?
Wir stellen erschrocken fest, welche katastrophalen Auswirkungen der Ausfall eines einzigen Zulieferers haben kann. Im besten Fall verzögert sich die Produktion um Wochen. Die zeitlich und logistisch fein aufeinander abgestimmten Produktionsprozesse kommen abrupt zum Erliegen. Die komplexen Konstruktionen fallen in sich zusammen.
Da wir immer wieder mit solchen Krisen konfrontiert sein können, (was wir gerne verdrängen) gilt es die jetzt erkannten Schwachstellen kritisch zu kontrollieren.
Lagerhaltung wurde bis tief in die Supermärkte hinein wegökonomisiert (Toilettenpapier, Nudeln und Mehl lassen grüßen). Der Schutz vor Unerwartetem spielte keine Rolle mehr. Dies rächt sich heute.
Wie schrieb N.Taleb „ Es ist öknomisch wenig sinnvoll zwei Nieren zu haben, doch wenn eine ausfällt, weiss man diese Verschwendung zu schätzen“.
Was wird also nach der Corona Krise sein?
Vielleicht die Einsicht das die produzierende Realwirtschaft zusätzliche Polster benötigt. Ob in Form von Waren oder Geld. Und das diese Vorsorgen uns allen etwas wert sein sollten. Wie können wir solche Vorsorgen fördern?
Es wäre falsch die Globalisierung jetzt zu verdammen. Diese hat vielen Ländern erst eine Chance im weltweiten Handel gegeben. Doch wir müssen auch erkennen, dass die Wirksamkeit einer globalen Arbeitsteilung auch fragil sein kann. Alle beteiligten Staaten müssen Spielregeln auch in Notzeiten einhalten! Ohne diese Grundregel herrscht wirtschaftliche Anarchie.
Das diese Selbstverständlichkeit in Zeiten blühenden Nationalismus und Protektionismus nicht mehr zwingend vorausgesetzt werden kann, das erkennen wir heute.
Daraus gilt es wirtschaftliche und politische Schlussfolgerungen zu ziehen.