Es macht bei Gefahren keinen Sinn, sich die Augen zuzuhalten. Hätten sich unsere Vorfahren so verhalten wäre unsere Spezies schon lange ausgestorben. Gefahren löst man nicht durch wegsehen oder Gleichgültigkeit.
Die Corona Pandemie demonstriert uns wie tödlich ein Verleugnen von Gefahr sein kann.
Verleugnen sollten wir auch nicht die Folgen der Wahl in den „Unvereinigten Staaten von Amerika“ für Europa und insbesondere Deutschland.
In Europa gruselt es uns, wenn wir die politischen Schlammschlachten in den USA anschauen. Viele setzen darauf, dass nach einer Abwahl von Trump, die alte liebgewordene Welt wieder zurückkehrt. Man schimpft dann wieder auf die USA und fühlt sich irgendwie überlegen. Und doch setzen viele Europäer darauf, dass die Amerikaner am Ende den „Westen“ in einer zunehmend unübersichtlichen Welt zusammenhalten und verteidigen.
Doch dies könnte ein tragischer Irrglaube, ein frommer Wunsch sein.
Denn egal wie diese Wahl letztendlich ausgeht, die Alte Welt ist vergangen und wird nicht wiederkehren.
Die USA sind innerlich so zerrissen wie kaum zuvor in ihrer jüngeren Geschichte. Es wird Jahre brauchen, um die selbst zugefügten Wunden heilen zu lassen. Das Land muss sich quasi neu erfinden. Man mag zu den Amerikandern stehen wie man will. Der Rückzug von der großen Bühne führt immer mehr zu einem globalpolitischen Vakuum. Dieses Vakuum füllen Länder wie China mit undemokratischen Ideen und Visionen aus. Nicht gerade beruhigend für uns alle!
Totalitäre, diktatorische Staaten zerren schon heute an denjenigen Ländern die an Demokratie, Freiheit und einer offenen und liberalen Gesellschaft festhalten. Russland, Polen, Ungarn, die Türkei, – alles Staaten mit einer autoritären zur Diktatur neigenden Regierung. Diese Staaten haben keinen Respekt vor einem uneinigen, zerstrittenen Europa.
China entwickelt seine dystopische Überwachungsdiktatur konsequent weiter. Das aufstrebende Land überrennt alle Brückenköpfe von Demokratie und Freiheit mit purer brutaler wirtschaftlicher Macht.
In dieser Situation ist Haltung und Courage der großen Staaten in Europa und vor allem von Deutschland gefragt.
Wir haben es uns in Deutschland so schön gemütlich gemacht in einer Welt in der wir die Früchte der Demokratie, den Frieden, unsere Freiheit, eine große Liberalität und die Wohlstandsfrüchte eines geregelten, weltweiten freien Handels genießen.
Einer Welt, in der militärischer Schutz leider immer noch notwendig ist, aber von anderen erbracht wird.
Wir alle wollen sicher leben. Und doch sind wir nur widerwillig bereit, dafür Opfer zu bringen. Um selber keinen Schaden zu erleiden, nehmen wir z.B die Erkenntnisse anderer Geheimdienste zur Vermeidung von Terroranschlägen gerne an. Unsere eigenen Dienste werden aber misstrauisch beäugt, klein gehalten und immer mehr in ihren Möglichkeiten begrenzt. Ähnlich ergeht es unserer Polizei. Und auch beim Militär ist es ein Gesellschaftssport geworden lustige Witze darüber zu erzählen.
Wertschätzung sieht anders aus!
Meine Freude in Europa schütteln hinsichtlich unserer Obsessionen in Bezug auf unsere Sicherheitsdienste allesamt den Kopf.
Wir haben immer eine Entschuldigung für unser „Nichtstun“ parat. Gerne verweisen wir dann auf unsere unrühmliche Vergangenheit. Dabei merken wir gar nicht, dass unsere Nachbarn keine Angst, sondern Erwartungen an uns haben.
Sie haben mehr Angst vor unserer Bequemlichkeit und der fehlenden Führungsbereitschaft in dieser schwierigen Zeit!
Nach den ersten Erlebnissen mit Präsident Trump hatte die Bundeskanzlerin mit der Botschaft aufhorchen lassen „Wir müssen lernen auf eigenen Beinen zu stehen und selber Verantwortung zu übernehmen“.
Doch sobald man politisch ernsthaft debattieren möchte, welche konkreten Maßnahmen denn nun aus dieser Erkenntnis entstehen müssten, wird aus allen politischen und medialen Rohren gegen eine solche notwendige Debatte gefeuert. Bereitwillig sinken wir dann in unsere bequemen Wohlstandssessel zurück.
Tief ist in unserer Spaß,- und Wohlstandsgesellschaft die Mentalität verankert, dass wir grundsätzlich zu den Gewinnern der Globalisierung gehören, aber keine Mühen und Kosten zum Schutz unserer Gesellschaft und den Erhalt der Demokratie tragen müssen. Wir haben vielfach verlernt was es braucht um in Frieden und Freiheit leben können.
Wir haben es uns angewöhnt, schlimmen Entwicklungen distanziert zuzuschauen, diese klug zu kommentieren. Von uns als stärkstes Land in Europa kann man erwarten, dass gerade wir auf Bedrohungen der Demokratie entschlossen zu reagieren und nicht zu lamentieren.
Auf uns warten in dieser sich fundamental und schnell ändernden Welt zwei Alternativen.
Vielleicht gelingt es uns weiterhin ein wirtschaftlicher Riese zu bleiben. In einer rabiaten Welt müssten wir, ohne den Schutz der USA in der globalen Arena für uns selber einstehen. Unsere Werte, unsere Vorstellung von verantwortlichem Leben müssten geschützt und bewahrt werden. Wie wollen wir verhindern das wir ein willfähriges Spielzeug zwischen den großen Blöcken werden?
Oder wir erfüllen die Erwartungen unserer europäischen Partner, schließen die Reihen und führen entschlossen und gemeinsam mit unseren Freunden Europa an. Sind stark durch Geschlossenheit?
Meiner Meinung nach gibt es in Europa nur zwei Arten von Ländern.
Die einen haben erkannt, dass sie in einer sich neu ordnenden Welt allein zu klein, zu schwach, zu unbedeutend und zu hilflos sind.
Die anderen haben dies noch nicht erkannt und setzen auf Nationalismus, Protektionismus und Abgrenzung.
Unsere oft zaudernde und die Verantwortung gerne delegierende deutsche Mentalität wird immer stärker zu einem Problem für den „Westen“.
Wenn jetzt die Amerikaner für lange Jahre ausfallen, sind wir auf uns gestellt.
Wir sind ein erwachsenes, ein bedeutsames, starkes und demokratisches Land. Aus unserer Geschichte folgt die Verpflichtung, dieses beste Deutschland, das wir je hatten, nach innen und nach außen mit allen Mitteln zu schützen.
Wir müssen uns dieser Verantwortung stellen.
Das ist die Erkenntnis und unbequeme Wahrheit der letzten Wochen und der Wahl in den USA. Wir haben uns so sehr darauf konzentriert mit dem Finger auf Trump oder die USA zu zeigen. Doch jetzt ist es an der Zeit Antworten darauf zu geben wie die Werte und die Demokratische Ordnung bewahrt bleiben können. Wie Europa und wir, auf uns alleine gestellt als „der Westen“ überleben können.