Lustvoller Untergang

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Ich reflektiere schwierige Gespräche.
Unterschiedliche Standpunkte sind völlig in Ordnung. Ein sachlicher Streit um den richtigen Weg bei Herausforderungen mag belastend sein. Er ist aber das notwendige Schmiermittel zur Weiterentwicklung.
Doch wenn Misstrauen, tiefsitzende Abneigung oder gar Hass Augen und Ohren verschließen, wenn Glaubensgrundsätze oder Empfindungen dominieren und Fakten nebensächlich werden, dann wird es gefährlich.

Dazu fällt mir eine alte Geschichte ein.

Im alten Griechenland befanden sich zwei Männer in einem harten und erbitterten Streit miteinander. Eines Tages mussten nun beide unglücklicherweise an demselben Tag nach Athen übersetzen. Es gab aber nur ein Segelschiff im Hafen.
So setzte sich der eine an den Bug. Wortlos und grimmig fixierte er den Horizont.
Der andere ging an das Heck, rührte sich nicht von der Stelle und starrte die Segel an. Auf offener See überfiel ein vernichtender Sturm das Schiff. Die Wellen hämmerten auf den Rumpf ein und drohten es zu zerschmettern. Die Mannschaft kämpfte verzweifelt um das Überleben des Schiffes. Sie riefen die beiden Männer vergeblich um Hilfe an.
Auf einem Segelschiff ist die Seemannschaft, das gemeinsame Hand in Hand arbeiten  das wichtigste. Doch die beiden Männer waren so tief gefangen in ihrer gegenseitigen Abneigung, dass sie nur darauf bedacht waren Distanz zu halten.

Der Mann am Heck wandte sich besorgt zum Kapitän und fragte „Wenn dieses Schiff untergeht, welcher Teil wird wohl zuerst sinken?“ Der Kapitän umklammerte das Steuer und antwortete mit einem Blick auf die monströsen Wellen „Nun ja. Wahrscheinlich würde bei diesen Wellen der Bug zuerst zerschlagen und sinken. Aber dann sind wir alle verloren“.
Erleichtert sagte sein Gegenüber „Da bin ich aber froh. Den Tod fürchte ich nicht, wenn nur mein Feind vor mir Schaden nimmt, untergeht und stirbt“.

Manche Konflikte verselbstständigen und vertiefen sich im Laufe der Zeit.
Tatsächlich enden sie noch nicht einmal dann, wenn sie erkennbar alle Beteiligten gefährden und großen, eigentlich vermeidbaren Schaden zufügen.

Man nimmt sogar eigene Nachteile in Kauf, nur um dem jeweils anderen einen noch größeren Schaden zuzufügen. Diese verhängnisvolle Spirale können wir sehr oft beobachten.
Hätte man die Chance in eine Zeitmaschine zu steigen und im Rückblick die Konsequenzen eines solchen Verhaltens zu betrachten würde man wahrscheinlich mit dem Kopf schütteln.

Lustvoller Untergang

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