Der Kluge lernt aus allem und von jedem.

 

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„Der Kluge lernt aus allem und von jedem, der Normale aus seinen Erfahrungen und der Dumme weiß alles besser“ (Sokrates 470- 399 v.Chr.)

Gestern genoß ich ein längeres und nicht so ganz einfaches Gespräch. Spaß hat das „Argumenten Duell“ mit dem eloquenten Gegenüber gemacht.
Und obwohl wir uns nicht einig wurden, fühlte ich mich zufrieden und beschwingt. Und so ist es fast immer.

Eine Kontroverse mit einem kritischen, aber offenem und geistvollen Gegenüber, endet fast nie in einem Zerwürfnis.

Klugheit und Geist lassen gute Gespräche entstehen und weisen in die Zukunft.
Ist dies nicht gegeben endet vieles fast immer nur im Streit.

Es ist ein wahres Vergnügen, wenn gut durchdachte Argumente, intensiv vorbereitet und damit scharf wie Schwerter, gekreuzt werden. Nur so findet man die besten Lösungen. Nur so werden wir klüger im sachlichen Wettstreit der besten Argumente.

Der Kluge lernt aus allem und von jedem.

Woher weht der Wind in Möhlenwarf?

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Bild: Pixabay

Woher weht der Wind in Möhlenwarf?
Die Frage zur Windrichtung ist in Ostfriesland ziemlich normal. Man weiß dann wie anstrengend das Fahrradfahren werden könnte, oder von welcher Seite der Regen heranstürmt. Die Windrichtung ist auch wichtig, wenn Güllegestank alles andere überlagert und die Häuser befüllt. Doch seit einiger Zeit ist die Frage nach der Richtung, aus der der Wind in Möhlenwarf weht, noch einmal wichtiger geworden.

Die untergegangene DDR habe ich noch auf mannigfaltige Art erlebt.
Auf dem Weg zu Seminaren in Berlin musste ich stets die Transitstrecke von Hamburg nach Westberlin nutzen.
Arrogante und aggressive Grenzer haben meinen Fiat mehrfach fast komplett auseinandergenommen. Und dies nur, weil ich leichtsinnigerweise Bücher im Gepäck hatte, die der kommunistischen Diktatur nicht passten. Ich habe damals Diskussionen mit politischen Funktionären in Ostberlin erlebt, die so ideologisch,starr und dogmatisch besessen waren, das die Beweglichkeit des Eifelturms im Wind dagegen wie Yoga Übungen anmuten.
Es war immer wieder beeindruckend an einer Ampel in Ostberlin zu stehen und in einer blauweißen stinkenden Zweitakterwolke von Trabant und Wartburg eingehüllt zu sein. An diesen einzigartigen Gestank erinnert man sich ein Leben lang.2021-03-26_12-40-39.jpeg2021-03-26_12-48-27.jpeg

Und ich erlebte in Wernigerode, Bad Doberan und anderen Orten, wie die ostdeutschen Kohleöfen nicht nur Wärme und warmes Wasser produzierten, sondern auch einen alles durchdringenden Gestank. Dieser legte sich wie Klebstoff auf alles.

Meine Haut, die getragenen Kleider wie auch jene, die im Koffer blieben, meine Bücher, – einfach alles trug noch Tage nach den Terminen in der DDR diesen Geruch mit sich herum. Und Gerüche sind erwiesenermaßen die stärksten Verankerungspunkte in unseren Erinnerungen.

Meine Frau und ich leben unglaublich gerne auf dem Land.
Wir wissen mit dem Güllegestank umzugehen. Dieser endet irgendwann.
Wir lieben es, die frische reine Luft unserer Heimat zu genießen und in unser Haus einzuladen. Unser Fenster im Schlafzimmer war (!) lange Jahre fast immer geöffnet. Wir erfreuten uns an dem frühmorgendlichen Konzert der vielen Vögel. Wir liebten die Geräusche des Windes in den Bäumen, das Tosen und Brausen im Sturm, die Geräusche vom Regen in seinen unterschiedlichen Formen.

Doch nun fallen die Gerüche der DDR seit Monaten mit aller Macht in Ostfriesland ein. Einige Mitmenschen scheinen sich für die intensive Nutzung von Kohleöfen entschieden zu haben. Bei Ostwind wabert immer öfter der unverkennbare Gestank dieser Öfen durch unsere Siedlungen. Die Kohleabgase durchtränken die Luft, zerstören die Abendluft und reaktivieren meine Erinnerungen an diesen untergegangenen Staat.

Und dies in einer Zeit, in der wir alle uns über Klimaveränderungen große Sorgen machen. Unserer Welt heizt sich durch einen zu hohen CO2 Ausstoß auf und auch deshalb plant unser Autoland tatsächlich den Verbrennermotor auslaufen zu lassen.
In dieser Situation erscheint mir die stinkende Botschaft der Kohleöfen so passend zu sein wie ein Dinosaurier auf der Mönkebergstraße.

Die Demokratie und die Freiheit haben den politischen Wettstreit letztendlich gewonnen. Doch die Diktatur des durchdringenden Kohlegestanks nimmt mir nicht nur die frische Luft, sondern auch die Freiheit des offenen Fensters.

Irgendwie verfolgt mich diese Kohle.

 

Woher weht der Wind in Möhlenwarf?

Wut hat viele blinde Augen

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Bild: Pixabay

Angesichts der Corona Schlagzeilen der letzten Tage, den Diskussionen im Freundes und Bekanntenkreis, auf der Straße oder in verschiedenen Sitzungen erschrecke ich schon.
Da nährt sich eine zunehmende Wut aus viel Frust heraus.
Die Debatte wird von Tag zu Tag schärfer, polemischer und undifferenzierter.
Wir wähnen uns, so eine Schlagzeile von heute Morgen, in einer Bananenrepublik?
Und wie bei der Nationalmannschaft gibt es hunderttausende von vermeintlichen Experten, die schnell mal eben überall und auf allen Kanälen Politikversagen auf ganzer Linie konstatieren.

Die gewählten Vertreter unseres Volkes werden dabei gerne alle über einen Kamm geschoren. Als wenn demokratisch gewählte Vertreter allesamt nur darauf warten würden dem Land zu schaden.
Einzelne Fälle von Missbrauch und Korruption werden gezielt generalisiert.
Schaut man in die Nachrichten, Talk Shows und noch mehr in die  „Sozialen Medien“, könnte man meinen, unser Land wäre ein Totalversager in der Krise.
Diese Emotionen lassen uns leider aber auch leicht blind werden für einige wichtige Fakten.

Ganz sicher gibt es eine Menge zu verbessern.
Vieles ist in dieser Jahrhundertkrise wirklich schlecht gelaufen.
Und doch sollten wir uns einmal zurücklehnen, sauber sortieren und in Ruhe abwägen. Hier einige ganz wenige nachdenkliche Halteanker:

1. Impfstoff
Wer hätte denn im letzten Jahr gedacht, das es möglich werden könnte, einen erfolgreichen Impfstoff innerhalb so kurzer Zeit zu entwickeln? Dies ist doch großartig und ein Geschenk, oder? Und natürlich braucht es Zeit für den Aufbau einer Produktion für Billionen Dosen eines neuen Impfstoffes für die ganze Menschheit.

2. Kapazitäten
Wer hätte vor wenigen Monaten denn ernsthaft daran geglaubt, dass innerhalb so weniger Monate schon eine so riesige Anzahl an Menschen weltweit gegen eine globale Pandemie geimpft wären?
Es wurden nun schon fast 450 Millionen Impfdosen verabreicht.
Und auch wenn die Impfgeschwindigkeit bei uns noch unzureichend ist. Wir sollten bei all unserem Frust darüber einen Blick in jene Länder wagen, die ein desolates Gesundheitssystem haben! Viele Menschen in den meisten Ländern unserer Welt haben bei einer Erkrankung eine wesentlich geringere Chance überhaupt behandelt zu werden als dies bei uns der Fall ist.

3. Nationalismus (Impfstoffe vorrangig beschaffen?)
Wer mag sich denn vorstellen in was für einer Europäischen Gemeinschaft wir leben würden, wenn tatsächlich einzelne, wirtschaftlich starke Länder, einen noch stärkeren Wettlauf um die Impfstoffe gegen die ärmeren gestartet hätten?

4. Kosten
Heute gibt es völlig zu recht Schlagzeilen über Korruption bei der Maskenbeschaffung. Aber auch unnötige Kosten zur Beschaffung dieser Masken führen zu Skandalschlagzeilen. Was wäre wohl passiert, wenn man (ohne das Wissen von heute) Milliardenbestellungen für völlig neuartige, in der Entwicklung befindliche und noch nicht geprüfte und zugelassene Impfstoffe ausgelöst und diese sich dann als schädlich oder unwirksam erwiesen hätten?

5. Ländervergleiche hinken
Im europäischen Vergleich haben wir die geringsten Probleme im Gesundheitsbereich. Im Gegensatz z.B zu unseren Freunden in Frankreich mussten wir noch keine Triage anwenden oder Schwerkranke ausfliegen.

Ich will die Probleme und die vielen, auch handwerklichen Fehler, wirklich nicht schönschreiben. Es wurden und werden immer wieder dramatische Fehler gemacht.
Die Überbürokratisierung ist nervig. Das ganze hin und her und die fehlende Kreativität und Flexibilität nervt ebenfalls.
Aber andererseits hat auch keiner von uns Erfahrungen mit einer solchen Pandemie, mit einer solchen Jahrhundertkrise.
Die Todeszahlen sind schlimm. Jeder einzelne Tote ist einer zu viel.
Aber wir liegen immer noch deutlich hinter denen in vielen anderen europäischen Ländern.

Und auch jene Länder die wir vor einigen Monaten noch belächelten und heute plötzlich bewundern, haben einen hohen Preis gezahlt.
Schauen wir uns bei aller typisch deutschen Kritik an uns selber, doch einmal die Anzahl der an Corona verstorbenen Menschen in Großbritannien, Schweden oder den USA an. Ja, –  diese Länder impfen nach vielen schweren Fehlern jetzt schneller als wir. Noch sind sie schneller. Doch wir haben Möglichkeiten in unserem Land, die schon in wenigen Wochen, bei entsprechender Impfdosenzahl, eine deutlich andere Situation als möglich erscheinen lässt.
Würden wir bei der Gesamtbetrachtung aller Fakten wirklich mit den oben erwähnten Ländern tauschen wollen?

Würde ich z.B in Schweden oder in England leben, wären meine Mutter und viele andere möglicherweise schon gar nicht mehr am Leben.

Mir blutet das Herz, wenn ich die Probleme sehe in der sich viele kleine Betriebe befinden. Ihnen muss unbedingt schnell und viel viel unbürokratischer geholfen werden.
Aber im Gegensatz zu den meisten europäischen Nachbarn können wir uns dies als Land auch leisten!

Mich beschleicht zunehmend das Gefühl, das bei uns die Maßstäbe für unsere Kritik etwas durcheinandergeraten?
Schütten wir in dieser Frustdebatte gerade das Kind mit dem Bade aus?

Manchmal werden die Wutdebatten so überbordend, dass Zwischentöne und Nachdenklichkeit kaum noch Platz haben.

Politiker müssten eben doch mehr Manager sein, so eine beliebte Schlagzeile.
Aldi und Lidl werden allen Ernstes als Beispiele für erfolgreiches organisieren von Bedarfen (Schnelltests) in einer Krise empfohlen?
Wollen wir allen Ernstes behaupten das mehr privatwirtschaftliches Management in lebenswichtigen Bereichen und in dramatischen Krisenzeiten besser ist?
Dass der Staat, also wir als Gemeinschaft, wichtige Aufgaben in Krisenzeiten an private Anbieter übergeben sollten?
(Dies sind in gern geäußerte und unwidersprochene Slogans in vielen Talkshows und in den Medien).
Schauen wir uns diese Aussagen zum unfähigen Staat und den vorbildlichen privaten Dienstleistern doch einmal etwas genauer an.

Hätten private Entscheidungsträger tatsächlich erst die „ökonomisch unnützen“ Älteren als erste geimpft und priorisiert oder zuerst die „Leistungsträger“?
Was lupenreines Ökonomiedenken anrichten kann, sehen wir an der Situation in vielen Pflegeheimen und in kaputtgesparten Krankenhäusern, die als reine Investitionsobjekte betrachtet werden.
Wir haben sogar Beispiele dafür was passiert, wenn der Staat z.B die Wasserversorgung privatisiert. Großbritannien hat für dieses Experiment einen hohen Preis gezahlt. Da musste die, auf Gewinn und nicht Gemeinwohl ausgerichtete  Privatisierung, wieder zurückgedreht werden.
Warum haben wir denn eine so grottig schlechte Funknetzabdeckung in Deutschland?
Weil die privaten Konzerne bei ihren Investitionsentscheidungen im Blick haben, wo sie den höchsten Gewinn machen. Und dies ist nicht die Fläche, sondern dies sind die Oberzentren. Private Anbieter orientieren sich nun mal eben am Gewinn und nicht am Gemeinwohl! Das ändert auch die schönste Power Point Marketing Offensive nicht.

Und mit diesen Erfahrungen und vielen weiteren Beispielen wollen wir auch im Angesicht der nächsten, am Horizont schon erkennbaren Krisen, den Rückzug des auf Gemeinwohl orientierten Staates forcieren?

Die Befähigung des Staates zu schnellen Entscheidungen und für dynamische und pragmatische Krisenarbeit muss deutlich stärker werden.
Genau da, in der dramatischen Entbürokratisierung unseres Staates ist noch sehr viel Luft nach oben.
Ungezügelte Wut, Frust und negatives Denken lenkt die Energie in falsche Bahnen.
Wir produzieren gerade alle zusammen maßlos viel Politik,-  und vielleicht sogar Demokratieverdrossenheit.

Wir müssen die Fehler, die wir in dieser Pandemie jetzt alle gemeinsam machen nicht verteufeln sondern sauber analysieren, daraus lernen und dann ausmerzen.
Weil es ganz sicher nicht die letzte große Krise sein wird die wir bezwingen müssen, ist dies so wichtig!
Das ist der Weg und nicht das populistische sturmreif schießen unseres Staates.

Wut hat viele blinde Augen

Zuhause statt im Homeoffice?

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Ich gebe gerne zu, dass ich immer sehr bemüht bin, Anglizismen aus unserer wunderschönen deutschen Sprache herauszuhalten.
Doch in der Flut täglicher Telefonate und Video Konferenzen gehört schon eine gehörige Portion Aufmerksamkeit dazu.

Beispielsweise heute Morgen.
Da bestätige ich immer und immer wieder meinen Arbeitsort als „Homeoffice“ und die Terminanfrage eines bevorstehenden „Video Chats“.  Eine Kollegin kann mir nicht antworten, weil sie in einem „Telefon Call“ ist.
Seit Monaten arbeite ich von zuhause aus. Erstaunlich gut funktioniert das.
Doch wieso ist mir der Begriff „Homeoffice“ eigentlich so geläufig?
Ein Kollege aus Skandinavien arbeitet „from home“, also von zuhause aus.

Wieso haben wir Deutschen eigentlich eine solch eigenartige Vorliebe für Anglizismen?

Vor einigen Monaten fahre ich über die Jan Berghaus Brücke und sehe allen Ernstes auf der Rheiderländischen Seite ein Werbeschild mit dem Hinweis „Welcome to Grand Reopening“. (Dies war eindeutig ein Optimist in Corona Zeiten).
Aber wäre es so schlimm gewesen, ein „Herzliche Einladung zur Wiedereröffnung“ auf das Plakat zu malen?

Die Engländer müssten sich eigentlich an den Kopf fassen.
In Großbritannien ist das Home Office nämlich das Innenministerium.

Doch im Tagesgeschäft sollen englische Begriffe möglicherweise eine vermeintliche internationale Kompetenz signalisieren.
So war in einer gestrigen Diskussionsrunde mehrfach von einer „Smoking Gun“ die Rede. Übersetzt ist dies wohl das Synonym für ein schlagendes Argument mit einem eindeutigen Beleg.
In einem weiteren Dialog war dann plötzlich von einem Active sourcing (also einem aktiven, gezieltem Suchen von Talenten) und von „native speakern“, also Muttersprachlern die Rede.
In einem „Brainstorming Work Shop“, also einer Arbeitsgruppe zum Ideenaustausch und gemeinsamen Nachdenken, sollten die Beteiligten „empowerd“, also befähigt bzw. ermächtigt werden, Verantwortung zu übernehmen.
Und hierzu braucht man dann ein „alignment“, also eine Angleichung der Aktivitäten.

Und so geht es den ganzen Tag.

Ich stelle mir also die Frage, warum ich statt im „Homeoffice“ nicht einfach von zuhause aus arbeite und dies auch so beschreibe?

Vielleicht weil keiner so richtig weiß wie dies richtig geschrieben wird?
“Zuhause“ groß, „zuhause“ klein und zusammen oder auch „zu hause“?
Doch wie ist es dann mit „Homeoffice“?
Liege ich richtig mit der Schreibung von groß und zusammen? Alles nicht so einfach heutzutage.

Zuhause statt im Homeoffice?

4. Wir brauchen mehr Mut für Zuversicht.

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In den vorhergehenden Gedankensplittern habe ich etwas über die Angst, über das Vertrauen und die Bedeutung des dialogischen Gespräches in dieser „Zeit großer Gereiztheit“ nachgedacht.

Doch was wären jetzt Ideen für den Umgang mit Demagogen, Autokraten, Populisten und dogmatischen Ideologisten?
Wie reagieren wir, um sie nicht immer stärker zu machen, und nicht in ihre vielen rhetorischen Fallen zu laufen?

Wie ich im Blog „Mut zum Gespräch“ schon ausführte, gibt es leider wenig Chancen, mit denjenigen einen Dialog zu beginnen, die sich einem ernsthaften Austausch verweigern. Die Welt von Populisten ist brutal simpel. Da sind „wir“ und dort sind „die“. Da gibt es Gut und dort Böse, hier weiß dort schwarz usw.
Ihre einfachen Botschaften leben davon nicht hinterfragt und nicht überprüft zu werden.

Und diese reduzierte Sicht liebt man in der modischen Informationsunterhaltung. Denn, wie auch schon ausgeführt, die Nutzung der schwarzen Rhetorik bringt Polarisierung, Erregung und damit Auflagen, Einschaltquoten und Umsatz.

Daher jetzt die ketzerische These, die auch mich persönlich in ein Dilemma führt:
Was wäre wenn wir uns dem Spiel der gereizten Lautsprecher und inhaltlichen Brandstifter verweigern?
Bösartige Ideologen, Populisten, Autokraten und hype Kulturkrieger brauchen immer etwas, was sie angreifen und zerstören können.
Denn sie selber haben wenig Sinnvolles im Angebot, wofür sie mobilisieren könnten.

Und so frage ich mich, was passieren würde, wenn wir ihnen dieses strategische Spiel dadurch vermasseln, indem wir uns demselben konsequent entziehen?

Indem wir Ihnen Aufmerksamkeit entziehen.
Tagtäglich zeigen, wie herzlich egal sie uns sind, sie einfach ignorieren?
Für Ideologisten und Populisten ist fehlende Aufmerksamkeit wie Penicilin für ein Bakterium – tödlich!

Geboren aus der Sorge, dass zerstörerische Ideen durch ein Ignorieren immer stärker werden, bin ich selber einer solchen Idee oft vehement entgegengetreten. Doch was haben alle Appelle gebracht? Erschreckend wenig.
Wenn man genau hinschaut, passiert sogar manchmal das genaue Gegenteil. Der Chorgeist in den Echoräumen wird gestärkt, die Opferrolle perfekt inzeniert, die Schützengräben nur noch tiefer.

Wenn wir also den nicht kooperations,- und dialogbereiten Radikalen keine Energie in Form von Aufmerksamkeit mehr zuführen, richtet sich ihre zerstörerische dunkle Energie dann vielleicht gegen sie selber?
Da Populisten jedweder Couleur weder mit anderen noch mit ihresgleichen kooperieren können, ist dieser Effekt der Dekonstruktion momentan an einigen Beispielen beobachten. Und die Beschädigungen sind viel gründlicher und nachhaltiger als dies ihre Gegner jemals bewirken könnten?!

Und allen, die über eine gute Zukunft nachdenken, würde viel Frust, Ärger und Verzweiflung erspart?
Wir könnten zufriedener sein?

In meinem Blogbeitrag zum „Vertrauen“ habe ich auf die große Kraft dieses Begriffes hingewiesen. Aus positiven Gedanken, aus Vertrauen und Kooperation wird ….

Zuversicht.

Ein wunderschönes Zauberwort unserer deutschen Sprache: „Zuversicht“.

Zuversicht unterscheidet sich deutlich von der Hoffnung. Hoffnung tröstet und richtet den Blick auf vieles andere außerhalb unseres selbst.
Doch Zuversicht ist aktiv und muss, um zu bestehen und zu gedeihen, von uns gefüttert werden.

Hoffnung alleine, so ein altes Sprichwort, ist ein gutes Frühstück aber ein schlechtes Abendessen. Ohne die Zuversicht könnten wir nicht leben.
Wir stehen morgens auf und sind zuversichtlich nicht nur den Tag zu bestehen, sondern auch unseren Zielen näher zu kommen.
Zuversicht macht das Individuum stark und selbstbewusst.
Ein selbstständiges, nicht von Angst überwuchertes, mit Vertrauen stark aufgefülltes kooperatives Leben mit positiver Zuversicht, ist der Tod jeder hasspopulistischen Botschaft.

Ich persönlich sehe unsere Welt, die Zukunft meiner Familie, meiner Kinder und Enkel aus der Perspektive der „Gestaltbarkeit“.

Mein Leben hat mir an so vielen Stellen bewiesen das Herausforderungen nur immer unüberwindbarer werden, wachsen und wuchern, wenn man sie nur lang genug ängstlich anstarrt.
Die größte Zufriedenheit habe ich immer dann gespürt wenn mein Blick sich auf die Lösungen konzentrierte.

Auch heute in den Stürmen und der oftmals auch berechtigten Kritik an so unendlich vielen Dingen frage ich mich nicht die ganzen Tage, gegen was ich bin, was man sofort abschaffen muss.
Es gibt so unendlich viele gute Ansätze. Es macht meiner Erfahrung nach viel mehr Sinn und schafft Zufriedenheit, diese guten Ideen, Gedanken und Maßnahmen mit aller Kraft zu stärken, sie zum Vorbild, zum Beispiel zu machen.

Wir sollten unsere Energie nicht zur Zerstörung verschwenden, sondern zur Gestaltung nutzen. Ich möchte die Überleitung zu den nächsten Gedankensplittern mit einem Zitat von Rutger Bergmann einleiten:

„Das wahre Problem unserer Zeit ist nicht, dass es uns nicht gutginge oder dass es uns in Zukunft schlechter gehen könnte. Das wahre Problem ist, dass wir uns nicht besseres vorstellen können“.

4. Wir brauchen mehr Mut für Zuversicht.

5. Wir brauchen Mut, die Welt zu umarmen.

NASA-Apollo8-Dec24-Earthrise.jpgFoto Earthrise; NASA; Apollo 8  William Anders

Wir haben sehr gute Chancen für unsere Zukunft.

Angesichts der vielen Herausforderungen und dem Eindruck einer offensichtlich immer verrückter werdenden Welt klingt dies schon etwas schräg, oder?
Ich jedenfalls, ernte nach einer solchen Feststellung, oft ungläubiges Erstaunen.

Wie begründe ich diese Zuversicht?

  1. Die Stabilität und innere Verfasstheit moderner Gesellschaften ist wesentlich robuster, als wir dies gemeinhin annehmen. Demokratien und offene Gesellschaften können scheitern. Dazu gibt es viele Beispiele.
    Aber ein Scheitern ist kein Naturgesetz.
    Unsere Gesellschaften sind mittlerweile so bunt, vielschichtig und divers das alleine aus dieser Tatsache viel Komplexität aber auch Stressresistenz hervorgeht. Deshalb sind ja die Populisten so laut. Weil Sie diese wunderschöne, komplexe und so unendlich vielfältige Welt auf einfache und kurze Formeln bringen müssen, um zu obsiegen. Migrationsströme, die in der Menschheitsgeschichte ganz normal sind, hinterlassen ihre Spuren in allen Gesellschaften. Hinzu kommt die millionenfache Vernetzung einer globalen Welt über Warenströme und Datennetze. Unser Leben wie auch das der Bauern am Hindukusch oder in der afrikanischen Savanne sind in Echtzeit miteinander verbunden.
    Laut und einfach ist die Forderung der Konzentration auf die eigene Scholle, auf das eigene Volk. Und genauso irreal ist dies. Nichts würde mehr funktionieren in der realen Welt, wenn eine solch ausgrenzende rückwärts gewandte Politik ernsthaft verfolgt würde. Die vielfältigen Verbindungen der Welt sind nicht mehr zu kappen (Gott sei Dank).
  2. Im Grunde sind wir Menschen viel gütiger als wir es uns selber zutrauen. Wir werden so bombardiert mit schlimmen Geschichten, mit Horrorstorys, mit Kriminalfilmen, die den Eindruck ausufernder Brutalität und Kriminalität so verfestigen, das wir die Realität kaum noch erkennen können.
    Es gibt unendlich viel mehr Güte und Mitmenschlichkeit auf der Welt als das Gegenteil. Na – Zweifel?
    Öffnen wir unsere Augen. Wie viele Eltern gibt es auf der Welt die alles für Ihre Kinder tun würden? Menschen die Ihren Partner, ihre Familien, ihre Freunde und Kolleginnen und Kollegen wertschätzen und gut behandeln. Ich hatte es im vorhergehendem Blog schon erwähnt. Wie viele Monster kennen wir aus unserem Freundes, Familien oder Bekanntenkreis? Weil wir die Schlagzeilen lesen, nehmen wir alle an, dass unser Erleben des oftmals Guten eine Ausnahme ist.
    Und dies ist ein gravierender Fehler. Das Gute ist die Regel!
    Es gibt viel viel mehr Gutes als Schlechtes.
    Wir haben mehr Chancen, Hoffnung und Zuversicht als jemals zuvor in der Geschichte unserer Spezies.
    Unser Wissen wächst mit unglaublicher Geschwindigkeit.
    Wir leben viele Jahrzehnte länger als unsere Vorfahren, haben eine ungleich bessere Gesundheitsversorgung.
    Die Armut auf der Welt hat sich in den letzten Jahrzehnten halbiert.
    Es hat noch nie so wenig Hungertote gegeben.
    Auch die Zahl der Kriegsopfer geht drastisch zurück.
    Mehr als 90% der Kinder besuchen eine Schule.
    Wenn wir einmal überlegen, wieviel schreckliches möglich wäre und was alles tatsächlich nicht geschieht,  werden wir etwas stabiler gegenüber dem Trommelfeuer der Katastrophenmeldungen aus aller Welt. Wer Zweifel an dieser Feststellung hat, dem rate ich die Sichtung der Daten von Hans Rossling auf www.gapminder.org Das Buch dieses wunderbaren Menschen oder auch die bahnbrechenden Denkleistungen von Rudger Bregmann (Im Grund gut) tun uns auch gut!
    Nicht das ich falsch verstanden werde. Ich verschließe keineswegs die Augen vor dem was wir viel viel besser machen könnten. Mich entsetzt die Kluft zwischen unseren Möglichkeiten und dem was wir tatsächlich tun.
    Wir müssen für ein gutes Leben, die Bewahrung der Natur und damit uns Menschen viel mehr tun.
    Ich erwarte aber auch nicht quasi hypochondrisch die Katastrophen und suche vor lauter Angst auf die Anzeichen für solche Zusammenbrüche. Zukunft ist gestaltbar!
  3. Immer mehr Menschen wird bewusst das wir eine Spezies auf einem einzigen, einsamen Planeten sind. Als der Astronaut William Anders auf der Apollo 8 Mission, das Foto unseres wunderschönen Planeten im Weltall machte, war dies für ihn, wie auch für viele andere, eine außerordentliche visuelle Erfahrung. Dieses einzigartige Bild macht unsere Situation so wunderbar deutlich. Wir sind alle Erdbewohner auf einem einzigen Planeten im schwarzen nichts!
    All unsere Bemühungen Unterschiede zu konstruieren, sind angesichts dieses Bildes völliger Unsinn. Alles hängt auf diese Welt mit allem zusammen.
    Alle Trennlinien die wir uns einfallen lassen: Alt zu Jung; Weiß zu Farbig; Religionen; Rechte oder linke Politik; Mann zu Frau sind künstlich und ohne Bedeutung. Wir alle leben gemeinsam auf diesem einen Planeten ohne einen Ersatz im Kofferraum zu haben. Dies wird immer mehr Menschen bewusst.
    Und immer mehr handeln in diesem Bewusstsein. Sicherlich haben wir lange Zeit viel falsch gemacht und viel in den Sand gesetzt.
    Aber da unser Schicksal sich nicht linear entwickelt, haben wir alle Chancen die Richtung selber zu bestimmen wohin die Reise geht.
    Es gibt keine Einbahnstraße in unserer Entwicklung. Ich selber bin aufgewachsen mit dem kalten Krieg und der Erwartung eines jederzeitigen Atomkrieges. Ich habe die schlimmen Grenzkontrollen an der innerdeutschen Grenze erlebt, die Hartnäckigkeit mit der Atomkraftgegner bekämpft und Homosexuelle erniedrigt wurden. Und all dies wurde hinweggefegt durch eine dynamische Entwicklung. Alles ändert sich fortwährend und alles ist möglich.
    Sowohl das extrem schlechte wie auch das unvorstellbar Gute!

Daher haben wir die Wahl zu entscheiden wie wir unsere Zukunft gestalten, wie wir leben wollen. Als Marionetten einer aus dem Ruder laufenden Informationsunterhaltung die viel zu oft angstfokussiert ist und populistischen Rattenfängern oder von:

  • angstbefreiter Zuversicht
  • stabilem Vertrauen
  • Leben von Kooperation
  • positiver Lebenseinstellung

Wenn wir nicht glauben das wir etwas bewirken können sollten wir uns vor Augen führen wie viele alltägliche Herausforderungen wir jeden Tag erfolgreich bestehen. Es ist dieser erfolgreiche Alltag der für uns alle Halt und Zuversicht beinhaltet, der die Welt zusammenhält.
Am Ende dieser Serie von Gedankensplittern möchte ich einen Satz meines Idols Nelson Mandela wiederholen:

„Mögen Deine Entscheidungen Deine Hoffnung reflektieren, nicht Deine Ängste“.

5. Wir brauchen Mut, die Welt zu umarmen.

3. Wir brauchen mehr Mut zum Gespräch

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Das Fundament auf dem Populisten und Massenverführer der heutigen Tage oft aufbauen, ist Ausgrenzung und Hass. Die lauten und auffälligen Schreihälse unserer Tage sind nicht deshalb so verabscheuenswert weil sie negative Emotionen wecken, sammeln und bündeln.
Ihre Gefährlichkeit entsteht, weil sie gezielt, bewusst und strategisch die Wurzeln der Zivilisation und aller freien Gesellschaften zerstören.

Sie reden, schreiben und posten den ganzen Tag.
Doch was sie wirklich verabscheuen, ist der Dialog.
Doch das Gespräch, der Dialog bilden die Basis für Kooperation und damit unseres Menschseins.

Angefangen vom Lagerfeuer in den Höhlen der ersten Menschen bis hin zu den polierten Besprechungstischen von heute, besteht die Grundsubstanz der meisten Gespräche aus Fragen. Wir setzen uns mit dem Gegenüber, den wir oftmals noch nicht kennen, auseinander.

Die Entwicklung des Menschen, sein Überleben hing an der Fähigkeit zur verstehenden Kooperation.

Bis heute versündigen wir uns mit der Erzählung über unsere Spezies an uns selber. Uns wird vorgegaukelt das der dominante gewalttätig aggressive Typ das Überleben der Spezies garantiert. Eine völlige Verzerrung der Tatsachen.
Diese Annahme bildet zwar den Stoff für Action Filme und viele Bücher aber nicht für die wahrhaftige Geschichte unserer Entwicklung.

Nur die kooperativ zusammenarbeitenden, sich vertrauenenden, voneinander lernenden Menschen haben überlebt und sich entwickelt.
Ich weiß wie viel Unglauben mir bei diesen Thesen oftmals entgegengebracht wird.
Dazu empfehle ich die Lektüre entsprechender Erkenntnisse der Wissenschaft.
Diese Fähigkeit, des sich in einen anderen Hineinversetzens, ist eine, wenn nicht sogar die entscheidende Erbschaft und Stärke in der menschlichen Evolution.

Unsere Kooperationsfähigkeit schützt, entwickelt und ernährt unsere Körper und den Geist. Liebe, Freude, positive Gefühle bauen auf dieser Fähigkeit auf.
Kooperation, Mitgefühl und Empathie braucht das Gespräch, den Dialog. Nicht zu verwechseln mit der Predigt. Wir erweitern unseren Horizont um den des anderen. Nur so entstehen gemeinsame Gewinne, die wir für unsere Entwicklung und den Erhalt unserer Spezies überhaupt nutzen können.

Und unsere Stärke beziehen wir nicht aus der unendlichen Gleichheit und Harmonie. Gerade die ehrlichen Kontroversen bringen uns weiter.
Reinhard Sprenger spricht „Von der Magie des Streits“. Ein ehrlicher Streit ist eine bedeutsame Form der Zuwendung zu einem anderen Menschen. Wir sollten uns gerne und weise mit denen streiten, bei denen wir erkennen und bei denen wir glauben, dass sie etwas beizutragen hätten für die Suche nach Antworten.
Auch dann, wenn wir uneins bleiben, erzeugt alleine der Versuch und das erkennbare Bemühen, den Gegenüber zu verstehen, einen Zugewinn.

Und genau hier, an dieser „magischen Stelle“ setzt die Bösartigkeit des aggressiven Populismus an.

Warum habe ich mich aus vielen sozialen Medien verabschiedet?

Weil es immer mehr spürbar wurde, wie viel Bösartigkeit unterwegs ist, die gar keinen Dialog will. Es wurde mir immer deutlicher, dass der Dialog oftmals gar keine Bedeutung mehr hatte. Das Ziel ist, auf welche Weise auch immer, das reine Zerstören, das vernichten des anderen missliebigen Arguments.
Instrumente wie Verdächtigungen und bösartige Herabsetzungen gehören heute zum Waffenarsenal in vielen Medienformaten.
Die Legimitation des Gegenüber wird einfach bestritten, indem zu der Methodik „Wir“ gegen „Die“ gegriffen wird. Die Suggestion eine Mehrheitsmeinung zu vertreten geht einher mit der Negierung der Verantwortung, Ehre oder Aufrichtigkeit der jeweiligen Gegenüber. Komplexe Zusammenhänge werden auf Twitterkürze zusammengestrichen und bewusst simplifiziert. Simple Probleme und simple Botschaften. So einfach ist Populismus.

Ich habe oftmals viele Antworten bekommen, die ganz offensichtlich nicht die Kommunikation zum Ziel hatten. Sie waren vielmehr interessiert an der ganz grundsätzlichen Konfrontation von der sie leben und saugten wie Vampire an der Hauptschlagader.
Nicht das geduldige Zuhören und der Versuch des Verstehens stehen immer öfter im Mittelpunkt, sondern das ungeduldige Warten darauf die längst fertigen schablonierten Antworten hinausblasen zu können. Ich mag das einfach nicht mehr.

Es ist noch nicht lange her, da habe ich mich aufrichtig bemüht zu überzeugen.
Doch umso mehr ich dies versucht habe, umso tiefer geriet ich in den Strudel derer, die durch ihre unverfälschte Negativität populäre Fallen aufgestellt haben, in deren klebrigen Saft man unweigerlich hängen bleibt.

Zu theoretisch? Bitte schaut Euch einfach mal an wie die Struktur der meisten Gäste in Talk Shows oder ähnlichen Formaten ist.
Wer die meisten Aufreger gebiert, die meisten „Klicks“ in den sozialen Medien oder auch in den Kommentarspalten erhält, ist gut für die Unterhaltung und die Quote.
Es sind enttäuschend oft jene, die die Strategien des Bösen, die Erregung, die Erniedrigung, die Aggression perfektioniert haben.

Am Lagerfeuer unsere Vorfahren wären solche Menschen zu Recht alleine geblieben und ein ausgestoßenes Opfer der Raubtiere geworden.
An den Lagerfeuern unserer Vorfahren war der aufrichtige Wunsch, dem anderen zuzuhören, von ihm zu lernen, die Zukunft zu erahnen, sie im Dialog zu finden, überlebensnotwendig.

Unsere Herausforderungen sind groß und wieder einmal brauchen wir den Mut in dieser lauten Zeit den Wert des Dialogs, des ergebnisoffenen Gespräches neu zu entdecken.

Wie sagte der Desmond Tutu „Mein Vater pflegte zu sagen, Sprich nicht lauter, argumentiere weiser“.

3. Wir brauchen mehr Mut zum Gespräch

2. Wir brauchen mehr Mut Vertrauen zuzulassen!

Und hier die Fortsetzung der gestrigen Gedankensplitter zur Angst…

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Der Kern unseres Menschseins ist Vertrauen.
Wir sehen heute mehr von dieser Welt als irgendeine Generation vor uns.
Und je mehr wir unsere Welt um uns herum erfassen, umso wichtiger ist die Pflege und Aufrechterhaltung dieses magischen Rohstoffes, – dem Vertrauen.

Vertrauen schafft überhaupt erst die Möglichkeit uns neuen, unübersichtlichen komplexen sozialen Systemen anzuvertrauen.

Wir vertrauen darauf, dass Eltern gut zu ihren Kindern sind.
Dass unsere Mitmenschen uns nicht feindlich gesonnen sind.
Das wir in einem Rechtsstaat leben und Gerechtigkeit möglich ist.
Sobald wir mit dem Auto, mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs sind, vertrauen wir darauf, das alle anderen sich an die gemeinsamen Regeln halten, um weder uns noch andere zu gefährden.
Wir vertrauen bei unseren Einkäufen darauf, dass wir kein vergiftetes Essen kaufen.
Wir vertrauen darauf, dass Medikamente sorgsam entwickelt werden, uns helfen und nicht schaden.
Dass im Krankheitsfall schnell Hilfe kommt und die Ärzte ihr Bestes geben.
Wir vertrauen den Politikern, dass sie sich bemühen, den besten Weg in die Zukunft zu finden.
Wir vertrauen darauf das Lügen als Lügen erkannt und aufgedeckt werden.

Wir Menschen sind so reich in unserer Unterschiedlichkeit und brauchen deshalb nichts dringender als gegenseitiges Vertrauen.
Der Unternehmer vertraut das Wohlergehen des Betriebes den Fähigkeiten der Belegschaft an, die Arbeitnehmer vertrauen dem Unternehmer. Die Alten den Jungen, die Minderheit der Mehrheit, die geflüchteten den Aufnehmenden, die Fremden den Einheimischen.

Diese grundlegenden Feststellungen zu diesem entscheidenden Klebstoff unserer Gesellschaft sind gut, richtig und nicht naiv.

Gegenseitiges Vertrauen bildet die Basis unseres gesamten Zusammenlebens. Sie formt den Rahmen unserer Zivilisation und unserer freiheitlichen Demokratie.

Natürlich gibt es den Vertrauensbruch. So wie wir den Wert des Lebens ohne den Tod, den Tag nicht ohne die Nacht, das Recht nicht ohne Verbrechen, den Sommer nicht ohne den Winter schätzen könnten, so gilt dasselbe für unser Vertrauen.
Vertrauensbruch enttäuscht uns, versetzt uns aber auch in die Lage, die universelle Kraft, Dimension und Bedeutung des Vertrauens zu ermessen.
Würden Politiker nicht auch ab und zu versagen, gäbe es nicht die korrigierende Kraft der parlamentarischen Demokratie.

Unser Vertrauen existiert nur deshalb, weil es auch die Möglichkeit zum Vertrauensbruch gibt.

Und ist es nicht erstaunlich, wie oft wir in der Lage sind, Verstöße gegen den Kodex des Vertrauens aufzudecken? Und wir werden nicht schlechter darin, sondern immer besser!

Die Angst hingegen lebt von der Erzählung, dass wegen der „anderen“, ein gutes Leben ein mehr oder weniger unerfüllbarer Traum ist.
Die Zerstörungen an unserer Welt, das millionenfache Leid, die vielen Katastrophen und Gewalttätigkeiten werden, so tragisch sie sind, als millionenfaches Echo gezielt benutzt. Sie sollen alles andere übertünchen. Das viele Gute in der Welt.
Gezielt werden Tag für Tag die Geschichten des Misstrauens und der Angst ausgebreitet. Denn Angst zerstört das Vertrauen. Deshalb ist es ein so mächtiges Mittel für die Despoten, Populisten und Dikatoren dieser Welt.
Ohne die Zerstörung des Vertrauens kommen hasserfüllte Menschen nicht an die Macht. Denn ängstliche Menschen wählen oft die bösen Meister der dunklen Seite unseres Menschseins als Führer.
Die bösen Angstmacher sind wie die Dementoren in den Harry Potter Romanen. Sie saugen die gute Energie, unser Vertrauen aus uns heraus  und verwandeln es in etwas abgrundtief Böses.

Und wir alle erleben dieses Marketing der Angst als Unterhaltung in Echtzeit.
In einem nicht endenden Trommelfeuer wird unsere Gesellschaft zu einem Zerrbild seiner selbst.  Die Berichte über unser Zusammenleben werden in unzähligen Talk Shows, Magazinen, Geschichten und Filmen durch Verbrechen, Verantwortungslosigkeit, durch betrügerische Korruptheit dominiert.

Die jeweils „anderen“ werden auf allen Kanälen als moralisch verrottet und lügnerisch bezichtigt.

Es entsteht eine schreckliche Verzerrung der Welt.

Die schlimmen Dinge sind Gott sei Dank die Ausnahme und nicht die Regel.
Schaut bitte doch einmal in eurem unmittelbaren Bekanntenkreis. Was würdet ihr sagen was überwiegt dort?
Sind die Nachbarn, Kinder, Freunde, Familienangehörige, Kollegen überwiegend Monster? Wenn wir diese Frage verneinen, warum glauben wir dann immer wieder die Erzählung das außerhalb unseres Blickfeldes eine völlig andere Realität vorhanden ist?

Bis morgen!

2. Wir brauchen mehr Mut Vertrauen zuzulassen!

1. Wir brauchen mehr Mut keine Angst zu haben!

Die Pflicht zur Zuversicht

In einer Welt in der Pessimismus und Angst die Zuversicht zu verdrängen droht, ist entschiedene Zuversicht ein notwendiger Widerstand, eine Rebellion gegen die Pandemie der Angst. In den nächsten Tagen möchte ich diese Gedanken in mehreren Schritten in meinen Gedankensplittern aufblättern.

Eine uralte christliche Botschaft lautet: „Fürchtet Euch nicht!”
Doch dies ist nicht ganz so einfach. Auch nicht für mich. Ich habe zum Beispiel einen großen Respekt und auch Angst vor COVID 19.

Und doch sollten wir diesen Satz herausbrüllen und in dieser hysterischen gereizten Zeit zu unserem Banner machen.

Wir werden Tag für Tag in einem wahren Bombardement davon überzeugt, dass alles schlechter wird und Angst angebracht ist.
Und paradoxerweise finden wir in dieser Überzeugung sogar ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl. Angst ist ein überaus starkes Klebemittel. Nicht umsonst gibt es in Kriegen dieses hohe Maß an Solidarität und Verbundenheitsgefühl. Jeden Tag, den ich in die Medien schaue, werde ich in grotesker Direktheit aufgefordert der Angst Raum und Platz einzuräumen. 
Wie oft sehe ich ungläubige Blicke und Kopfschütteln, wenn ich von der fatalen Wirkung dieser unnötigen (?!) Angstpsychose spreche.

Doch mal Hand aufs Herz. Wie oft unterhalten wir uns im Freundeskreis, in der Familie bei der Arbeit über die bevorstehenden schlechten Zeiten?
Und wie intensiv schwärmen wir andererseits überhaupt noch von den Chancen einer guten Zeit für uns, für unsere Kinder und Enkel?

Der allgegenwärtige Populismus in fast jeder Form baut zu großen Teil darauf das wir Angst haben sollen. Die Zukunft sollen wir doch bitte unter den dunkeln Wolken der Angst betrachten.

Angst treibt heute viele um. Angst vor Arbeits, – oder Bedeutungslosigkeit. Angst vor den und dem Fremden. Angst und Misstrauen davor das wir betrogen werden von Gruppen, von Eliten, die im Verborgenen ihr verschwörerisches Unwesen treiben. Das die Ungleichheit uns auf der Seite der Verlierer sieht.
Die Angst lebt in der Grundannahme, dass wir zu viele Menschen sind.
Das es eben nicht für alle reicht. Weder die Erde, das Essen, die Natur, das Geld, die Arbeit und und und…..
Daraus baut die Angst das Bild des Kampfes für uns und gegen andere.
Angst weckt urzeitlich Triebe in uns. Angst verbindet und in dieser Kraft der negativen berauschenden Gefühle entsteht tatsächlich ein solidarisches „Wir“ Gefühl.
Es zeigt sich manchmal grölend beim Sport, bei Demonstrationen und in Gewaltexzessen. Wir gegen die anderen, gegen Feinde jeder Art.
Angsterfüllte Menschen verstehen sich sofort. Die Angst ändert die Wahrnehmung.

Kleine vormals nicht beachtete Zeichen werden in der Angst blitzschnell übersetzt und einsortiert. Jeder Morgen mit den neuesten Meldungen facht dieses Gefühl, die Gewissheit des Desasters an. Sie wird zu einer politisch emotionalen Supermacht. Die Angst wird normal, sie wird unangreifbar.

Ist es nicht schlimm das jene die Zuversicht ausstrahlen nicht gerade gerne in Talkshows eingeladen und als naiv angesehen werden? Als misstrauisch beäugte interessengetriebene?
Ich beobachte fasziniert wie Optimisten sich rechtfertigen müssen.
Ist es nicht irre das jeder der seine Angst möglichst plastisch auszudrücken weiß als grundsätzlich glaubwürdig mit dieser „Ich“ Botschaft wahrgenommen wird?

Karl Poper hat einmal folgendes geschrieben:

Die Möglichkeiten, die in der Zukunft liegen, sind unendlich. Wenn ich sage: „Es ist unsere Pflicht, Optimisten zu bleiben“, dann schließt das nicht nur die Offenheit der Zukunft ein, sondern auch das, was jeder von uns durch sein Tun dazu beiträgt.
Wir sind verantwortlich für das, was die Zukunft bereithält.

Und noch mehr prägt mich der Satz meines großen Vorbildes Nelson Mandela:
Mögen deine Entscheidungen deine Hoffnungen widerspiegeln, nicht deine Ängste.

Morgen geht es weiter …..

1. Wir brauchen mehr Mut keine Angst zu haben!

Das Schicksal ist keine Bitch

Daumen hoch.jpg

Die Prüfung zum Facharbeiter durchlief im Schiffbau mehrere Stufen.

Ein wichtiger Teil war die Erstellung einer Zeichnung bzw. der sogenannten Abwicklung eines Schiffsbauteiles. Dieses Bauteil wurde aus einem Spantenriss herausgemessen und es musste eine entsprechend maßstabsgetreue Sperrholzschablone hergestellt werden. Eine Abwicklung zerlegt, wie es schon der Name sagt, ein Bauteil in seine Einzelteile. Dies ist insbesondere dann anspruchsvoll, wenn es sich um dreidimensionale Bauteile in einer gebogenen Schiffskontur wie z.B eine Ankertasche handelt.

Dieser Teil der Prüfung wurde auf dem sogenannten Schnürboden durchgeführt. Dies war ein großer Raum, wo Mess,- und Maßlatten sowie Schablonen für Stahlbauteile aus den Querschnitten der Schiffsprojekte herausgemessen und hergestellt wurden. Die Prüflinge kamen aus den verschiedenen Werften der Umgebung.

Unsere Ausbilder und die Prüfungsausschussmitglieder beobachteten, wie wir uns den Prüfungsaufgaben stellten.

Mein Prüfplatz befand sich in einer Ecke und Ausbuchtung des Schnürbodens. Mit Feuereifer und sehr überzeugt von meiner Lösung, ging ich ans Werk. Nach der ersten intensiven Stunde machte ich mich unauffällig auf den Weg, um meine Bleistifte zu schärfen. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass viele Zeichnungen einen deutlich anderen Weg einschlugen als jenen, den ich selber gewählt hatte. Ich war erschüttert und verzweifelt. Mein Selbstbewusstsein zerplatzte mit jeder Beobachtung wie Seifenblasen im Wind.

Deprimiert machte ich mich auf den Weg zurück, nahm den Radierer und wollte anfangen, die sorgsam errechneten Linien zu eliminieren.

Plötzlich hörte ich ein Zischen. Erstaunt sah ich hoch und sah meinen Ausbildungsmeister mit ernsten Blick neben mir stehen und mit minimalsten Bewegungen den Kopf schütteln. Ein Blick auf die anderen Prüflinge. Kein Zeichen von Unsicherheit. Maximale, stille Konzentration. Bestimmt hatte ich die Zeichen missverstanden. Doch kaum hatte ich den Radierer neu angesetzt, kam unser Ausbildungsleiter  vorbeigeschlendert und zischte mir kaum hörbar zu „Lass es“.
Es war zum Verzweifeln.
Alle Sensoren schrien mir förmlich zu, – gleich Dich an, fang an zu radieren. Dir läuft die Zeit davon. Und plötzlich sehe ich den ersten meiner Freunde mit Schweißperlen auf der Stirn mit dem Radierer agieren. Und dann fängt einige Meter weiter ein Kollege der Jansen Werft an und auch ganz hinten höre ich ein lautes Stöhnen.
Und wie ein Phönix aus der Asche wächst die Sicherheit. Dankbarkeit für die kleinen Warnsignale durchfluten mich.

In der Pause wird streng darauf geachtet das keine Gespräche stattfinden. Still essen wir unsere Butterbrote. Neben mir sitzt einer meiner Kollegen, der ganz verzweifelt auf seinen Notizzettel schaut und versucht, den Weg zur Lösung zu skizzieren.

Ein ganz offensichtlicher Gendefekt, den meine Eltern mir mitgegeben haben ist es, dass ich es einfach nicht gleichgültig hinnehmen kann, wenn ein Mensch in Not ist.
Also nehme ich unauffällig einen Stift und kritzle den Lösungsweg auf eine Ecke der Bild Zeitung. Mein Kollege Gerhard schaut kurz darauf. Seine Augen blitzen. Er hat verstanden.

Ich fange nach der Pause an meine Schablonen auszumessen. Plötzlich kommt das älteste Prüfungsausschussmitglied unserer Werft, der auch das Oberkommando über den Schnürboden und eines Konstruktionsbüros hat, in meine Ecke.

In der Hand hält er die skizzierte Ecke der Bild Zeitung. Grimmig beugt er sich zu mir herunter: „Das wirst Du büßen Bloem“ zischt er mir zu. „Du hast meine ganze Aufmerksamkeit. Mal sehen ob Du tatsächlich bestehst“.

Eine schlimmere Situation kann man sich für einen Prüfling kaum vorstellen. Das Herz rast. Der Atem rasselt. Kalter Schweiß rinnt. Die Finger zittern.

Völlig verunsichert gehe ich daran die Schablonen anhand meiner Zeichnung abzumessen und zuzuschneiden. Der Alte kommt regelmäßig vorbei, schaut süffisant lächelnd auf meine Bauteile und schüttelt mitleidig den Kopf. Die anderen Prüfer schauen betreten zur Seite.

Doch wieder kommt mein Ausbildungsmeister vorbei und nickt unmerklich. Noch nie in meinem ganzen Leben vorher und auch nachher habe ich so intensiv Mikronachrichten aus der Mimik eines anderen Menschen abgelesen.

Kaum mache ich das Handzeichen das ich Zeichnung und Schablone fertiggestellt habe stürmt der alte Prüfer herbei und legt in meiner Gegenwart die Prüfschablonen auf Zeichnung und Schablonenholz.
Ein noch nie dagewesener Vorgang. Bleierne Stille wabert durch den Prüfungsraum. Und trotz intensivster Messungen passen alle Linien und alle Bauteile.

Es war das erste Mal in der gesamten Ausbildung, das alles bis auf den letzten Millimeter passte.

Solidarität ist eben doch keine Einbahnstraße und das Schicksal keine Bitch.

Das Schicksal ist keine Bitch