Angeregt durch einen Artikel erinnere ich mich gerade an eine Veranstaltung, bei der es um die Frage „Zukunft der Arbeit“ ging. Die Vorträge des Vormittags waren so prall gefüllt mit Allgemeinplätzen, Satzsplittern aus den typischen Sonntagsreden (Bedeutung der Bildung; Digitalisierung etc.) das ich schon ernsthaft überlegt hatte früher nach Hause zu fahren.
Doch wie bei so vielen Konferenzen entstehen die aufschlussreichsten Gespräche oftmals an den Kaffeetischen oder beim Mittagessen.
So saß ich also zur Mittagszeit mit ca. 15 Teilnehmern an einem langen „Rittertisch“.
Aus den Gesprächen wurde für mich deutlich, das ich ganz offensichtlich der einzige Nichtakademiker am Tisch war. Und es kam, wie es kommen musste.
Inmitten einer angeregten Konversation wurde ich gefragt, was und wo ich denn studiert hätte.
Mein diesbezügliches Geständnis („nur Schiffbauer“ und alles Weitere erlernt in der Biografie) führte zu sehr lang anmutenden Sekunden eines überlauten Schweigens. „Erstaunlich“ merkte mein Nachbar zur Linken, ein diplomierter Betriebswirt und Geschäftsführer, an.
„Wie sie sich dieses ganze erforderliche Wissen so aneignen konnten,“
(Unausgesprochen – ohne Studium).
„Denn wir wissen doch
(ein nach Zustimmung fordernder Blick in die aufmerksam lauschende Runde)
wie sagt man: Wissen ist alles, Wissen ist Macht.“
„Nein“, widersprach ich höflich aber bestimmt.
„Das ist leider, wie es so oft passiert, ein unvollständiges Zitat.“
„Das korrekte und vollständige Zitat von Peter Rosegger lautet so:
„Wissen ist Macht.
Wie falsch gedacht.
Wissen ist wenig.
Können ist König.“
Wir müssen so aufpassen vor den modischen Begriffen und Glaubensbekenntnissen in die Knie zu gehen. Oft sind es hipe, angesagte aber auch inhaltsleere Vokabeln, die oft so schnell verschwinden, wie sie aufgetaucht sind.
Ich bin in meinem Leben so oft auf Menschen gestoßen, deren einzigartigen Talente und Potenziale verkannt wurden, weil man nur nach Zeugnissen, nach formeller Bildung gefragt hat.
Weil so viele Beurteilenden so sehr mit sich selber beschäftigt und von sich eingenommen sind, das sie andere Lebensentwürfe und Biografien schnell abtun.
Wenn ich Menschen ehrlich kennenlernen will, frage ich nicht nach dem, was sie gerade tun (Dies ist ja offensichtlich). Mich interessiert was sie sonst machen in ihrer Freizeit, in der Familie, in Vereinen oder wo auch immer.
Und dabei erlebt man so oft Überraschungen. Man ist entzückt, wie groß unser menschliches Potenzial ist, wenn man bereit ist zuzuhören und sich aus Dogmen zu lösen.
Bei so vielen Menschen kann man wahre Schätze, so viel Können (!!) entdecken wenn man abseits der ausgetretenden Pfade nachschaut“
Ich weiß nicht wie meine Einlassungen gewirkt haben. Doch ich fühlte mich nach diesen Positionierungen richtig gut! Und dies ist am Ende das wichtigste nicht wahr?