Die Angst vor dem Krieg …..

Ich kann die Angst vieler Menschen, dass wir angesichts des Krieges zwischen Russland und der Ukraine sehenden Auges in einen großen Krieg hineingeraten, sehr gut verstehen.
Und ich habe auch überhaupt kein Problem damit, dass die verschiedenen Sichtweisen ganz offen diskutiert werden.
Mich macht aber die Aggressivität der Diskutanten (u.a bzgl. des offenen Briefes von bekannten Menschen an BK Scholz) schon nachdenklich.
Ich schätze einige Personen die den besagten offenen Brief unterschrieben haben, teile die dort dargelegten Positionen allerdings nicht. Dankbar bin ich aber darüber dass dies uns alle zwingt uns an unsere Entscheidungen heranzuquälen.

Doch wir kommen bei all den Debatten um den richtigen Weg in dieser Krise um eine zentrale Frage nicht herum.
Wie wollen wir in Zukunft leben und was sind wir bereit dafür in die Waagschale zu werfen?

Die zentralen Dinge unseres Lebens bestehen nicht aus immer mehr Konsum, aus Vergnügungen, der Abwägung wohin der nächste Urlaub geht, warum der Neuwagen eine so lange Lieferzeit hat, wer Fußballmeister oder neuer Formel 1 Weltmeister wird.

Wir müssen uns aber sehr wohl entscheiden ob wir unserer Freiheit, unserer Demokratie, unserer offenen Gesellschaft, unserem Land, kurz all den Dingen die wir als selbstverständlich ansehen, auch einen Wert beimessen?
Angesichts der Verwerfungen in dieser Welt werden wir uns entscheiden müssen, für was wir einzustehen bereit sind.
Wer wir am Ende sind oder sein wollen.
Ob unser Bereitschaft Ungerechtigkeiten zu erkennen und diese keinesfalls zu tolerieren oder aus wirtschaftlichen Gründen zu ignorieren nur vom jeweiligen Ungerechten abhängt?
Ob der Ort der Ungerechtigkeit auf dieser Erde für uns eine Rolle spielt?
Wir müssen uns fragen ob wir eine stabile Haltung dazu haben und dem Einstehen gegen Ungerechtigkeit auch einen Preis zubilligen?!

In den verschiedenen Foren wird hoch und runter diskutiert ob die Ukraine tatsächlich ein demokratischer Staat ist?
Darum geht es im Kern überhaupt nicht! Hier geschieht einem Land, hier geschieht Menschen Unrecht durch einen Aggressor.
Wir müssen daher unsere Komfortzone verlassen und endlich, nach einer ganzen Reihe von vergleichbaren Verbrechen gegen die Menschlichkeit, eine Haltung dazu einnehmen.
Die Biografien von Nelson Mandela und Desmond Tutu sind sehr lesenswert. Auch diese Legenden waren mit Fehlern und Irrtümern behaftet. Sie waren eben auch nur Menschen!
Aber sie hatten stets eine Haltung an denen sich andere orientieren konnten.
In der Biografie von Desmond Tutu ist unter anderem ein von mir überdeutlich rot markierter Satz enthalten.
»Wenn du in Situationen der Ungerechtigkeit neutral bist, hast du die Seite des Unterdrückers gewählt.«

Eigene Positionen aufrecht zu erhalten auch wenn noch so viel Stürme um einen tosen kann auch befreiend wirken.
Als wir auf der Werft einem ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden der massiven Einschüchterung und Nötigung junger Menschen bezichtigten und aufgrund der Uneinsichtigkeit die Konsequenz einer Kündigung daraus zogen, fiel ein gewaltiger Shitstorm über uns und auch mir her. Es war keine leichte Zeit.
Pragmatisch wäre es gewesen die ganze Sache auf kleiner Flamme still zu beerdigen. Dies empfahlen mir auch die meisten Politiker, Medien und professionellen Meinungsmacher.
Doch kann ein rein pragmatisches Handeln welches sich nicht mit unserer Haltung, mit unseren Prinzipien verträgt, tatsächlich eine Lebensmaxime sein?
Wer sind wir dann?
Was wird damit aus uns?

Und damals wie heute sage ich mir immer wieder, – wenn man zulässt dass unsere Angst uns bestimmt, hat wieder einmal ein Aggressor gewonnen.

Ich wünschte den nächsten Satz nicht schreiben zu müssen, aber ich kann diese Erfahrung auch nicht verleugnen.
In all den Jahrzehnten und verschiedenen Rollen meines Arbeitslebens habe ich gelernt das ich dann, wenn mein Gegenüber glaubt, dass ich mich bei Ungerechtigkeiten nicht wehren werde, ein überaus attraktives Ziel werde.

Auch ich habe Angst vor der Eskalation, vor den Irrationalitäten im Ukraine Krieg.

Ich denke an all die Menschen die ich inständig liebe, für die ich aber auch mein Leben geben würde (wie die Väter und Mütter, Omas und Opas in einem angegriffenen Staat – egal wo auf dieser Welt).
Ich habe aber eine fast noch größere Angst davor in was für einer Welt sie und wir alle leben würden, wenn wir vor Diktatoren, Faschisten, modernen Kommunisten (z.B China), Autokraten, religiösen Fanatikern und weiß Gott was sonst noch von Verrückten kapitulieren würden.

Mich treibt die Sorge um, dass der Krieg den wir alle fürchten und den keiner von will, zurückkriecht in unser Leben wie ein Monster aus den dunklen Kellern, wenn Kriegsherren (es sind leider fast nur Männer) unsere Angst spüren und merken wie wir zurückweichen.

Auch ich werde meinen eigenen Idealen bei weitem nicht immer gerecht. Aber ich weiß sehr wohl was meine Ideale sind. Ich muss nicht lange überlegen um zu wissen für was ich eintrete und für was ich bereit bin einen Preis zu zahlen.

»Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, der wird am Ende beides verlieren.«
Wenn man diesen Kernsatz einfach mal verinnerlicht, sich der Tragweite dessen was man tut oder auch lässt bewusst wird, dann weicht die Angst und dann weiß man auch plötzlich etwas besser was richtig und was zu tun ist.

Die Angst vor dem Krieg …..

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